Elisa Hoven und ich sind Freundinnen, und wir haben einiges gemeinsam. Wir sind beide Juristinnen, arbeiten beide als Richterinnen an Landesverfassungsgerichten – Elisa in Sachsen, ich in Brandenburg – wir sind beide ziemliche Leseratten und schreiben Bücher, manchmal auch gemeinsam.
Dieses Jahr hat Elisa ihren ersten Roman veröffentlicht, „Dunkle Momente", aber das Buch, über das wir bei Edle Federn sprechen, ist ein Sachbuch und handelt von einem großen Thema: von Wahrheit. In Zeiten von Deep Fakes und „Alternativen Fakten" hat dieses uralte Menschheitsthema ein neues Gesicht bekommen, und es ist besonders spannend, wenn sich eine Strafrechtsprofessorin wie Elisa dazu Gedanken macht.
Elisa Hoven auf der Frankfurter Buchmesse, 19.10.2025 © ImagoIch finde, sie ist eine der klügsten und sympathischsten Denkerinnen unserer Zeit, denn sie zählt sich zu keinem bestimmten politischen Lager, sondern versucht, aktuelle Fragen immer aus möglichst vielen Perspektiven zu betrachten. Das machen wir auch während unseres Gesprächs, und ich hoffe, dass Sie es genauso interessant finden werden wie ich.
Elisa Hoven und „Das Ende der Wahrheit?" – viel Spaß beim Hören der aktuellen Folge von Edle Federn.
Wahrheit ist vielleicht der größte und schwierigste Begriff, den die menschliche Geistesgeschichte jemals hervorgebracht hat. Zu allen Zeiten haben sich die Philosophen daran abgearbeitet. Große Weltreligionen versuchen bis heute, sich dazu ins Verhältnis zu setzen.
Und heutzutage, da Philosophie und Religion für den zeitgenössischen Diskurs an Bedeutung verloren haben, soll die Politik auf Wahrheit fußen, sich zur Wahrheit verhalten oder vielleicht sogar Wahrheiten hervorbringen. Ob das ein gutes Konzept für menschliches Zusammenleben ist? Dieses Experiment ist noch ongoing und es bleibt spannend, zu welchen Erkenntnissen es uns bringen wird.
Der große Verdienst von Elisa Hovens Buch „Das Ende der Wahrheit?" besteht darin, dass die Autorin zwar einen politischen Text schreibt, aber damit kein eigenes politisches Anliegen verfolgt. Elisa fühlt sich keinem politischen Lager zugehörig, sie hat keine aktivistische Agenda. Außer vielleicht einer Agenda der klassischen Aufklärung, die darauf abzielt, die Leserinnen in die Lage zu versetzen, sich ihres eigenen Verstandes zu bedienen.
Elisa nähert sich der Wahrheitsfrage mit juristischem Scharfblick und einer gehörigen Portion gesunden Menschenverstand, beleuchtet das schwierige Thema in allen Facetten, von Fake News über Faktenchecker bis zur möglichen Strafbarkeit von falschen Wahlversprechen und hält auch mit eigenen Meinungen und Vorschlägen nicht hinterm Berg – die aber immer klar als solche gekennzeichnet sind und niemals mit didaktischem Impetus oder gar moralisch erhobenem Zeigefinger vorgebracht werden.
Auf diese Weise gelingt ihr ein Text, der Wahrheit als politische Kategorie verständlicher macht und dabei selbst wahrhaftig ist.
Als ich Theresia Enzensberger fragte, ob sie Lust habe, mit ihrem Roman „Auf See" zu Edle Federn zu kommen, zeigte sie sich kurz unsicher, ob das Buch noch aktuell genug sei. „Auf See" ist im Jahr 2022 erschienen, aber meiner Meinung nach gehört es zu den Texten, die nicht veralten, sondern Jahr für Jahr immer aktueller werden.
Es handelt von Utopien und deren Scheitern, vom Kampf um die Freiheit und von den absurden Herausforderungen der neoliberalen Welt – darüber kann und muss man immer reden.
Freuen Sie sich auf das Gespräch mit Theresia Enzensberger!
Bis bald,
Ihre