Nachdem am Mittwochmorgen russische Drohnen in den polnischen Luftraum eingedrungen waren, reagiert nun auch Deutschland: Die Bundeswehr verlängert ihren Einsatz an der Nato-Ostgrenze. Das teilte Regierungssprecher Stefan Kornelius mit. Er sagte:
Neben den bereits bestehenden Verpflichtungen im Baltikum und in Polen wird die Bundesregierung das Air Policing über Polen verlängern und ausweiten
Konkret: Die Zahl der Eurofighter-Flugzeuge werde von zwei auf vier verdoppelt, teilte das Verteidigungsministerium mit. Zusätzlich werde der Einsatz bis Dezember verlängert – bisher war er bis September geplant.
Der Hintergrund: Am Mittwoch waren während eines russischen Luftangriffs auf die Ukraine insgesamt 19 mutmaßlich Drohnen in den polnischen Luftraum eingedrungen. Infolgedessen haben die polnische Luftwaffe und ihre Nato-Partner zum ersten Mal mehrere Drohnen über Polen abgeschossen.
Absender klar: Darüber, dass es sich um russische Drohnen handelte, war man sich in Polen schnell sicher. Ein Großteil der Drohnen sei aus Belarus eingedrungen, so Tusk im Parlament in Warschau. Er bezeichnete deren Eindringen in den polnischen Luftraum als „Provokation großes Ausmaßes“. Nach einer Krisensitzung seiner Regierung sagte er:
Bei der Krisensitzung in Polen © ImagoDies ist der erste Fall, in dem russische Drohnen über dem Gebiet eines Nato-Staates abgeschossen wurden, weshalb alle unsere Verbündeten die Situation sehr ernst nehmen.
Also Artikel 5? Dass der Bündnisfall ausgerufen wird, davon ist nicht auszugehen – auch weil dies ein erhebliches Eskalationsrisiko bergen würde. Militärexperten vermuten keinen, wie Tusk es nennt, „Akt der Aggression“. Vielmehr handele es sich um: Spionage, Systemtests, psychologische Kriegsführung. Ben Hodges, Ex-Kommandeur der US-Streitkräfte in Europa, sagte gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters, die Zahl der Drohnen mache „deutlich, dass es sich dabei um gezielte Tests der Luftabwehr- und Frühwarnsysteme der Nato und der einzelnen Länder handelt.“
Stattdessen kommt Artikel 4 ins Spiel: Dieser sieht Beratungen vor, wenn sich ein Nato-Staat von außen bedroht fühlt. Im Parlament kündigte Tusk an, solche Gespräche ersuchen zu wollen – ein Zeichen, dass er, wie in Artikel 4 festgehalten, „die politische Unabhängigkeit oder die Sicherheit“ seines Landes bedroht sieht. Seit Gründung des Bündnisses wurde der Artikel siebenmal in Anspruch genommen – zuletzt am 24. Februar, dem Tag des russischen Überfalls auf die Ukraine.
Nato bleibt alarmiert: Tusk erklärte, er stehe in ständigem Kontakt mit Nato-Generalsekretär Mark Rutte und den Bündnispartnern und berate über die Lage. Am Mittwochabend schrieb er auf dem Portal X, es habe nach dem Angriff mehr als bloße Solidaritätsbekundungen gegeben. Bei den Gesprächen, an denen auch Bundeskanzler Friedrich Merz, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, der britische Premier Keir Starmer und Italiens Regierungschefin Giorgia Meloni teilgenommen haben, sei es um Vorschläge „für eine konkrete Unterstützung der Luftverteidigung“ Polens gegangen, so Tusk.
Auch Trump reagiert: US-Präsident Donald Trump warf Russland die Verletzung von Polens Luftraum vor. „Was hat es damit auf sich, dass Russland mit Drohnen den polnischen Luftraum verletzt?“, schrieb er auf seinem Online-Dienst Truth Social. Er fügte hinzu: „Auf geht’s!“
Und Russland? Weist sämtliche Vorwürfe zurück, für den Drohnen-Einflug nach Polen verantwortlich zu sein. Nach eigenen Angaben hat das russische Verteidigungsministerium keine Angriffe in Polen beabsichtigt. Weiter spricht das Außenministerium in Moskau von „Mythenbildung“ durch Warschau, der Kreml bezeichnet die Anschuldigungen als „haltlos“ und fordert vollständige Aufklärung. Weiter hieß es in einer russischen Mitteilung:
Die maximale Reichweite der im Angriff eingesetzten russischen Drohnen, die angeblich die Grenze zu Polen überschritten haben, übersteigt 700 Kilometer nicht
Polen habe bislang keine Beweise für eine russische Herkunft der Drohnen vorgelegt.