Die Rente sei „kein Charity-Projekt“ – mit diesem Satz hat Alexander Schweitzer, der rheinland-pfälzische Ministerpräsident und stellvertretender SPD-Bundesvorsitzender, jüngst in Interviews und Talkshows die Linie seiner Partei markiert. Er hat recht. Doch was er dabei unterschlägt: Auch die Zukunft der jungen Generation ist kein Charity-Projekt. Sie ist die Existenzgrundlage dieses Landes.
Alexander Schweitzer (SPD), Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz © imagoDie Jusos und Teile der SPD betonen immer wieder, es gebe gar keinen Generationenkonflikt; Rentenpolitik sei schlicht eine Frage der Solidarität. Doch wer die Zahlen nüchtern betrachtet, muss zu anderen Erkenntnissen kommen. Wenn eine Regierungskoalition beschließt, das Rentenniveau von 48 Prozent weit über das Jahr 2031 hinaus gesetzlich zu zementieren, dann entsteht notgedrungen eine harte Verteilungslinie zwischen den Interessen der heutigen Rentner und den Rentenerwartungen derer, die heute unter 40 sind.
Die teure Wette gegen die Demografie
Das geplante Rentenpaket ist ökonomisch ein Blindflug. Schon heute fließen jährlich rund 120 Milliarden Euro aus dem Bundeshaushalt in die Rentenkasse – fast ein Viertel des gesamten Etats. Ein aktuelles Gutachten der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) beziffert die Gesamtbelastung für den Bundeshaushalt bis 2050 auf kumuliert rund 480 Milliarden Euro, wenn nicht gegengesteuert wird. Das ist Geld, das nicht vom Himmel fällt. Es muss von den Erwerbstätigen von morgen erwirtschaftet werden – oder es fehlt an anderer Stelle: bei Bildung, Digitalisierung, Verteidigung und Infrastruktur. Wer so handelt, ignoriert die Realität nicht nur; er wettet gegen sie. Und den Einsatz zahlen die Jungen.
Florian Pernak - Landesvorsitzender der Jungen Liberalen Rheinland-Pfalz © Noah WandRheinland-Pfalz als Brennglas
Warum lohnt sich der Blick nach Mainz für die bundesweite Debatte? Weil hier wie unter einem Brennglas sichtbar wird, wie dramatisch die demografische Schieflage bereits ist – und wie wenig die politischen Antworten aus Berlin dazu passen: Wir werden rasant älter. Bis 2040 wird die Zahl der Menschen über 60 in Rheinland-Pfalz um fast 30 Prozent steigen, während die Zahl der unter 40-Jährigen deutlich zurückgeht. Das Statistische Landesamt prognostiziert, dass der Anteil der über 65-Jährigen bis 2040 auf rund 29 Prozent klettern wird.
Das bedeutet konkret: Immer weniger junge Erwerbstätige müssen immer mehr Renten-, Pflege- und Soziallasten schultern. Genau in dieser Situation schnürt die Bundesregierung ein Paket, das die Abgabenlast für genau diese schwindende Gruppe weiter in die Höhe treibt.
Schweitzer: Der nette Onkel im Land, der stumme Vize im Bund
Besonders entlarvend ist dabei die Rolle von Alexander Schweitzer. Im Land inszeniert er sich als nahbarer Landesvater, der auf Sozialen Medien den direkten Draht zur Jugend sucht und nach dem „Weckruf“ der Bundestagswahl verspricht, junge Menschen „stärker in den Blick zu nehmen“. Doch politische Verantwortung misst sich nicht an Selfies, sondern an Entscheidungen.
Als stellvertretender SPD-Bundesvorsitzender trägt Schweitzer in Berlin eine Politik mit, die die finanziellen Spielräume der jungen Generation systematisch vernichtet. Es fehlt das korrigierende Signal aus den Ländern. Wo bleibt der Aufschrei eines Ministerpräsidenten, der weiß, dass sein Bundesland im Wettbewerb um Fachkräfte keine Chance hat, wenn die Abgabenlast durch explodierende Sozialbeiträge jeden Leistungsanreiz erstickt? Wer im Land den „Kümmerer“ gibt, aber im Bund die finanzielle Strangulierung der Zukunft abnickt, macht sich unglaubwürdig.
Ein toxischer Mix: Rente, Schulden und verpasste Chancen
Das Rentenpaket ist dabei kein Unfall, sondern Teil eines Musters: Die amtierende schwarze-rote Koalition hat bereits mit der weitgehenden Aussetzung der Schuldenbremse bei Verteidigung und der Konstruktion des Sondervermögens Fakten geschaffen, die den Begriff „Generationengerechtigkeit“ zur Farce machen. Schulden in Schattenhaushalten zu verstecken, ist nichts anderes als eine Steuererhöhung für die Zukunft – nur ohne ehrliche Debatte.
In Kombination mit den Rentenplänen entsteht ein toxischer Mix: Die junge Generation soll nicht nur die Schulden von heute tilgen, sondern auch noch Rekordzuschüsse in ein Rentensystem pumpen, das sich für sie selbst kaum auszahlen wird. Was als Generationenvertrag vor 40 Jahren noch funktioniert hat, ist heute ein System, das in der freien Wirtschaft längst aufgekündigt wäre. Da hilft es auch nicht, wenn weite Teile der Boomer-Generation jungen Menschen regelmäßig Faulheit attestiert und 20 Jahre Berufserfahrung einfordert, bevor die Teilnahme an der Rentendiskussion überhaupt zugelassen wird.
Finn Flebbe - Bundesvorsitzender der Jungen Liberalen © JulisIn dieses Bild passt auch die hilflose Debatte um eine neue Wehrpflicht. Statt auf das Potenzial der Jugend zu vertrauen, wird wieder über Zwang und unausgegorene Losverfahren diskutiert. Dabei zeigen Studien, dass rund 200.000 junge Menschen bereit wären, sich freiwillig zu engagieren, wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Wir brauchen keine neuen Zwangsdienste, sondern eine Attraktivitätsoffensive für den Dienst an der Gesellschaft – sei es bei der Bundeswehr oder im Zivilschutz. Doch auch hier gilt: Wer junge Menschen gewinnen will, muss ihnen Perspektiven bieten, statt ihnen nur (Zahlungs-)Pflichten aufzubürden.
Mut zu echten Reformen statt Scheingefechten
Es reicht nicht, sich – wie derzeit die Junge Union – in lautstarker Kritik zu erschöpfen, aber selbst Antworten schuldig zu bleiben. Wir brauchen den Mut zu echten Strukturreformen.
Wie sehen diese Strukturreformen konkret aus?
Erstens: Die Aktienrente als Gamechanger. Wir müssen das Umlagesystem durch eine echte Kapitaldeckung ergänzen. Ein Blick nach Schweden zeigt: Wenn ein Teil der Beiträge am globalen Kapitalmarkt arbeitet, werden Arbeitnehmer zu Eigentümern. Das von der FDP initiierte „Generationenkapital“ auf Bundesebene wäre ein erster Schritt in die richtige Richtung gewesen. Wir brauchen den großen Wurf, um die immer größer werdende Kostenspirale zu durchbrechen.
Zweitens: Flexibilität statt starrer Grenzen. Ein festes Renteneintrittsalter passt nicht mehr in die Lebensläufe des 21. Jahrhunderts. Wer länger arbeiten kann und will, sollte das unbürokratisch tun dürfen und dafür mit höheren Bezügen belohnt werden. Wer früher gehen möchte, muss die Kosten dafür tragen.
Drittens: Priorität für Investitionen. Jeder Euro, der zusätzlich in die Rente fließt, fehlt für die Zukunft. Wir müssen den Bundeshaushalt vom Kopf auf die Füße stellen: Vorfahrt für Bildung, Forschung und Infrastruktur statt immer neuer Konsumausgaben.
Fazit: Aufstiegsversprechen erneuern
Deutschland braucht dringend ein neues Aufstiegsversprechen. Wir dürfen nicht zulassen, dass junge und qualifizierte Menschen auswandern, weil ihnen in unserem Land die Perspektive fehlt. Ein Land, das seinen Leistungsträgern von der Abgabenlast über die Rente bis hin zur zuverlässigen Infrastruktur kein attraktives Angebot macht, darf sich leider nicht wundern, wenn irgendwann die Koffer gepackt sind.
Wir haben das Zeug zum „Freiheitsland Nummer 1“, zu einem Ort, an dem Gründergeist und Innovation zuhause sind. Aber dazu gehört Ehrlichkeit. Alexander Schweitzer und die SPD müssen sich entscheiden: Wollen sie Politik für die Vergangenheit machen oder Verantwortung für die Zukunft übernehmen?
Beides zusammen geht nicht. Die Zukunft der jungen Generation ist kein Charity-Projekt – sie ist eine Verpflichtung. Und es wird Zeit, dass diese Verpflichtung endlich eingelöst wird.