Richterwahl

Hart bleiben!

Erik Flügge ist Strategie- und Kommunikationsberater und SPD-Mitglied. Er hat eine deutliche Warnung an Friedrich Merz im Richter-Streit.
Erik Flügge
21.07.2025
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Nur wenn die SPD bei der Richterwahl hart bleibt bis zum Äußersten, hat Kanzler Merz noch eine Chance. Sie haben richtig gelesen. An der Richterwahl entscheidet sich die Kanzlerschaft von Friedrich Merz. Der Grund ist einfach: Seine Fraktion steht nicht zu den Vereinbarungen ihrer eigenen Führung und damit ist sie genauso regierungsunfähig wie die FDP es in der Ampel war.

Eine funktionierende Regierung braucht Verhandlungsfähigkeit und die gibt es nur, wenn die Verhandler die Vollmacht haben im Namen ihrer Fraktion Vereinbarungen zu treffen. Dabei kommt mancher Kompromiss heraus, der nicht allen Abgeordneten schmeckt, aber alle wissen, man hält ein, was man verspricht, weil sonst eine Koalition zerbricht.

Die SPD-Fraktion stand zu jedem noch so schweren Kompromiss der Ampel und sie steht zu jedem noch so schweren Kompromiss in der neuen Koalition mit der Union. Wenn Klingbeil und Miersch mit Merz und Spahn einschlagen, dann kann man sich bei der CDU sicher sein, die Mehrheit steht. Andersrum gilt das jetzt nicht mehr.

Für niemanden ist das dramatischer als für den Kanzler selbst. Sein Amtsvorgänger verlor die Zustimmung der Deutschen vor allem über den Streit in seiner Koalition. Den konnte am Ende niemand mehr beilegen, weil Kompromisse, die in der Spitze ausgehandelt wurden, zu oft den Morgen danach in den Fraktionen nicht überstanden und dann öffentlich aufgekündigt wurden.

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Das genau gleiche Drama droht nun Friedrich Merz, der angetreten ist, eine besser laufende Regierung zu bilden, als es die Ampel war. Wenn aber die Union jetzt in der Richterwahl nicht zu ihrem Wort steht, warum sollte die SPD es dann morgen tun?

Wenn die Minderheit der Unionsabgeordneten, die mit einer Kooperation mit der AfD liebäugeln, gelernt hat, dass ein paar Tweets reichen, um einen Regierungskompromiss zu zerstören, warum sollten sie es nicht wieder tun? Wer stimmt am Ende eigentlich noch für die Regierung Merz, wenn Spahn schon nach drei Monaten keine Mehrheit mehr für die eigenen Vereinbarungen in der Fraktion findet?

Die SPD hat inhaltlich allen Grund bei der Richterwahl auf ihre Kandidatinnen zu bestehen. Die Plagiatsvorwürfe waren erlogen, die Kritik wurde aus rechtsextremen Netzwerken heraus choreografiert und inszeniert und am Ende mit der Verschwörungstheorie vom angeblichen Putschversuch garniert.

Ein irres Spektakel, dem man sich als Sozialdemokrat nie beugen sollte. Mehr noch als die inhaltlichen Gründe aber überwiegen die strategischen. Die SPD weiß aus leidlicher Erfahrung mit der Ampel, wie schlecht eine Regierung läuft, wenn Fraktionen lernen, dass die Vereinbarungen ihrer Führung im Nachhinein nicht gelten müssen.

Kanzler Merz kann nur hoffen, dass Klingbeil und Miersch jetzt so hart bleiben – im Zweifel bis zum Koalitionsbruch, dass er diesen Druck nutzen kann, um die eigenen Reihen wieder verlässlich aufzustellen. Brosius-Gersdorf und Kaufhold werden gewählt oder der Kanzler Merz ist gescheitert.

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Veröffentlicht von Karina MößbauerJan SchroederChristian Schlesiger.

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