Er steht bei der Rentendebatte im Auge des Orkans: Johannes Winkel, Vorsitzender der Jungen Union. Einst ein Fanclub des Kanzlers, traten die Mitglieder der CDU-Jugendorganisation auf dem Deutschlandtag erstmals gegen Merz auf. Risse zwischen ihm und der Parteijugend waren unübersehbar.
Merz und Vertreter der Jungen Union beim Deutschlandtag vor einem Jahr, 26.10.2024 © ImagoDas fiel auch den Medien auf: „Plötzlich Merz-Frust unter seinen treuesten Helfern“, titelte die Bild, „Renten-Rebellion gegen Merz“, hieß es beim Münchner Merkur.
The Pioneer war im Europapark Rust vor Ort, hat die Stimmung der JUler eingefangen und – noch bevor der Kanzler sich abends im TV zu erklären versuchte – im Pioneer-Interview mit ihrem Vorsitzenden gesprochen. Der setzt auf kommunikative Schadensbegrenzung – kann seinen Frust aber nicht verbergen.
Wieso der Kanzler der JU erst zustimme, dass es für die im Gesetzespaket festgeschriebenen 120 Milliarden Euro Folgekosten bei der Rente keinen guten Grund gebe – und dann trotzdem seine Unterschrift unter den Entwurf setze? Winkel beschwichtigt zunächst:
Er hat ja auch schon im Kabinett zugestimmt. Insofern ist das keine neue Sachlage.
Und schickt direkt hinterher:
Wir hatten natürlich schon auf anderes gehofft, insofern, als dass er vor Kurzem noch gesagt hat, er sehe den Punkt und werde sich persönlich darum kümmern.
Ob man denn von glaubwürdiger Politik sprechen könne, wenn der Kanzler einem Kabinettsentwurf zustimme – und dann darauf verweist, dass eine noch nicht eingesetzte Rentenkommission diesen sicherlich sowieso wieder zurückpfeifen werde? Winkel:
Ich stelle mir natürlich die Frage – und deswegen kann ich die Junge Gruppe sehr gut verstehen: Wenn wir die Folgekosten jetzt verbindlich beschließen, dann ist es unwahrscheinlich, dass die SPD in einem Dreivierteljahr – nachdem die Rentenkommission getagt hat und empfiehlt, die Folgekosten wieder rauszunehmen – zustimmt.
Ein weiterer Seitenhieb gegen die Haushaltspolitik der unionsgeführten Bundesregierung:
Beim Infrastrukturpaket wurden 500 Milliarden Euro Schulden aufgenommen. Es gibt verschiedene Studien, die sagen, dass ein nicht allzu kleiner Teil davon zweckentfremdet wird. Deswegen ist es wichtig, dass man Neuverschuldungen immer mit Reformen verbindet.
Nachdem Markus Söder – anders als der Kanzler – der Jungen Union beim Deutschlandtag zusagte, man müsse mit der SPD zum Rentenentwurf noch einmal Gespräche führen, setzt Winkel auf das freie Mandat der Abgeordneten:
Selbst wenn es auf Koalitionsausschussebene nicht mehr gelingen sollte: Der Ball liegt im Parlament. Das sind frei gewählte Abgeordnete, der Bundestag ist der Gesetzgeber und nicht das Kabinett. Gott sei Dank gibt es hier keine Regierung, die ohne die Volksvertretung irgendwelche Dekrete verordnen kann.
Fazit: Nach dem Deutschlandtag ist vor dem Machtpoker. Das Gefechtsfeld verlagert sich heute Morgen vom Europapark in die Berliner Bannmeile. Das wichtigste Argument der Rentenrebellen sind zwei Zahlen: Die Koalition verfügt nur über eine Mehrheit von zwölf Abgeordneten. Die Junge Gruppe besitzt 18.