Deutliches Signal an Putin: Die Nato hat Russland nach mehreren russischen Luftraumverletzungen mit Gewalt gedroht. Im Einklang mit dem Völkerrecht wolle man „alle notwendigen militärischen und nicht-militärischen Mittel“ einsetzen, um sich zu verteidigen. In einer Erklärung aller 32 Bündnisstaaten verurteilten die Nato-Partner das russische Verhalten:
Russland trägt die volle Verantwortung für diese Handlungen, die zu einer Eskalation führen, Fehleinschätzungen riskieren und Menschenleben gefährden. Sie müssen aufhören.
Worum es geht: Anlass dieser Worte sind wiederholte russische Luftraumverletzungen im Nato-Raum der vergangenen Wochen. Im Fokus stehen vor allem diese Angriffe:
In der Nacht vom 9. auf den 10. September hatten russische Drohnen während eines russischen Angriffs auf die Ukraine den polnischen Luftraum durchflogen. Dabei schossen polnische Luftstreitkräfte erstmals russische Drohnen ab. Als Folge rief Polen eine Konsultation nach Artikel 4 des Nato-Vertrages zusammen. Dabei beraten die Bündnispartner, wenn ein Mitgliedsland sein Staatsgebiet bedroht sieht.
Auch in Rumänien wurden kurz nach dem Vorfall in Polen, am 14. September, Drohnen gesichtet. Daraufhin wurden Kampfjets beordert, und die Nato alarmierte zwei deutsche Eurofighter.
Am 19. September meldete Estland, dass drei russische Kampfjets in den Luftraum des baltischen Nato-Mitglieds eingedrungen seien. Dieser Vorfall zog erneut Konsultationen nach Artikel 4 des Bündnisvertrags nach sich.
Und jüngst:
In der Nacht vom 22. auf den 23. September wurden Drohnen in Norwegen und Dänemark gesichtet, unter anderem über den Flughäfen in Oslo und Kopenhagen. Dänemarks Ministerpräsidentin Mette Frederiksen sagte, es handele sich um den „bislang schwersten Anschlag auf dänische kritische Infrastruktur“.
Außerdem waren auch Finnland, Lettland und Litauen betroffen.
Eine Serie von Angriffen: So bewertet auch die Nato die Vorfälle in ihrem Statement, man dürfe einzelne Vorfälle „nicht isoliert betrachten“. Deshalb formuliert sie in ihrer Erklärung zentrale Botschaften und betont:
Mit der Übung Eastern Sentry – zu Deutsch „Wache im Osten“ – verstärkt die Allianz seit dem 12. September ihre Verteidigungsbereitschaft an der gesamten Ostflanke.
Russland solle „keinen Zweifel“ haben: Die Nato werde alle notwendigen militärischen und nicht-militärischen Mittel einsetzen – „wann, wo und wie sie es für richtig hält“.
Unterstützung für die Ukraine: Die Verbündeten wollen sich durch russische Provokationen nicht von ihrer Solidarität mit Kiew abbringen lassen.
Bei einer Pressekonferenz sagte auch Nato-Generalsekretär Mark Rutte, die Nato sei bereit, jeden Zentimeter des Bündnisgebiets zu verteidigen.
© ImagoGegenüber dem Bayrischen Rundfunk ordnet der Militärexperte Gerhard Mangott von der Universität Innsbruck ein, die Nato drohe nicht mit einem sofortigen, automatischen Abschuss russischer Flugzeuge. Vielmehr gehe es darum, zunächst Kontakt mit den russischen Maschinen aufzunehmen. Danach würden diese gegebenenfalls abgedrängt. Nur wenn diese Maßnahmen scheitern und eine akute Gefahr bestehe, wäre ein Abschuss völkerrechtlich legitim.
Putin sei leicht zu durchschauen – so Verteidigungsminister Boris Pistorius. Für ihn stecke ein Kalkül hinter Putins Verhalten, das lautet:
Erst die Nato provozieren und sich - im Falle einer Eskalation - völlig überrascht zeigen und die Nato diskreditieren.
Warnungen kommen indes auch aus New York: UN-Diplomat Miroslav Jenča sagte bei einer Sondersitzung des Sicherheitsrats in New York: „Diese Serie von Vorfällen hat die ohnehin schon hohen Spannungen, die die europäische Sicherheit gefährden, noch einmal verschärft.“ Weiter betonte er:
Verletzungen des Luftraums souveräner Staaten sind inakzeptabel.