Schon nach der ersten Frage im ZDF-Sommerinterview wurde Kanzler Friedrich Merz unwirsch. ZDF-Studioleiterin Diana Zimmermann sagte, in der Koalition „clasht es an allen Ecken und Enden“.
Friedrich Merz, 31.08.2025 © dpaDer Kanzler reagiert nicht gelassen, sondern empört:
Frau Zimmermann, zunächst einmal, ganz offen gestanden: Es clasht nicht!
Damit ist der Ton gesetzt. Das Publikum erlebt einen Mann mit kurzer Zündschnur.
Thema Rente: Angesprochen auf deren missliche Lage erklärt der Kanzler sein Konzept einer „Aktivrente“ und fährt der Journalistin (und allen Zuschauern) frontal in die Parade:
Ich vermute mal, Sie – genauso wie viele Zuschauer – wissen gar nicht, was das ist.
Thema Wirtschaft: Moderatorin Zimmermann benennt die Kritik des deutschen Mittelstands an der Initiative „Made for Germany“, bei der vor allem große Konzerne vertreten waren. Der Kanzler will das – zumal die Familienunternehmer Heinrich Otto Deichmann, Joachim Goldbeck, Martin Herrenknecht und Nicola Leibinger-Kammüller von Trumpf die Initiative unterstützen – nicht gelten lassen. Man könnte sie charmant korrigieren. Er bevorzugt die Zurechtweisung:
Nein, das ist nicht wahr, der Mittelstand war dabei.
Thema Fraktionsmanagement: Die Fraktion habe Merz in den vergangenen Monaten mehrmals die Gefolgschaft verweigert, so Zimmermann. Dann die Frage: „Schaffen Sie es, Ihre Fraktion richtig mitzunehmen?“ Merz zieht schon während der Frage entrüstet die Augenbrauen hoch und blafft unverzüglich los:
Friedrich Merz im ZDF-Sommerinterview mit Diana Zimmermann, 31.08.2025 © dpaIch weiß nicht, welche Welt Sie in Berlin wahrnehmen.
Als die ZDF-Studioleiterin Zimmermann unter Verweis auf die nur zwölf Stimmen Kanzlermehrheit – die er bei der Kanzlerwahl im ersten Durchgang nicht erreichte – noch bei der Innenpolitik verharrt, wird Merz ungnädig. Er wünscht sich jetzt andere Fragen:
Darf ich etwas sagen? Ich wundere mich offen gestanden darüber, dass wir jetzt schon minutenlang über dieses Thema sprechen, obwohl wir so viele andere Themen in der Welt haben, die uns eigentlich mehr beschäftigen müssten.
Fazit: Obwohl dem Kanzler alle, die ihn beraten – im Bundespresseamt, in der CDU-Zentrale und im Kanzleramt – dringend nahelegen, großzügiger, gütiger und vor allem beherrschter aufzutreten, gelang ihm das gestern Abend nicht. Die Dämonen des Friedrich Merz, ein Spiegel-Titel aus der Feder von Konstantin von Hammerstein, lieferte das geheime Drehbuch für das, was wir erlebten. Der Kanzler war nicht gütig, sondern grimmig; die Dämonen kreisten über seinem Kopf.
Positiv gewendet könnte man sagen: Friedrich Merz war gestern Abend sehr authentisch.