Südekum: Auf das Geld folgt das Gesamtkunstwerk

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 © Imago

Ende vergangener Woche wurde öffentlich, dass Jens Südekum, Professor für International Economics an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, der neue Chefberater von Lars Klingbeil und damit maßgeblich die Finanzpolitik der kommenden Jahre prägen wird. Der Start könnte nicht schwieriger sein, immerhin wird der Bundesrepublik im laufenden Jahr erneut ein Nullwachstum vorausgesagt. Doch wie blickt Südekum auf Deutschland in seiner jetzigen Verfassung?

Jens Südekum: Wir haben drei Jahre Stagnation hinter uns, das muss sich ändern. Wir haben jetzt eine riesige Chance, denn durch die Reform der Schuldenbremse ist jetzt die Geldfrage geklärt. Im zweiten Schritt – das ist auch meine Aufgabe als Berater von Herrn Klingbeil – müssen wir dafür sorgen, dass daraus ein Gesamtkunstwerk wird. Das geht aber nicht ohne Strukturreform. Also mehr Tempo, schnelle Planungs- und Genehmigungsverfahren und auch Reform- und Bürokratieabbau. Das sorgt für ein höheres Potenzialwachstum und mehr unternehmerische Freiheit.


Pioneer: Widerspruch: Ist der erste Schritt wirklich getan? Das Geld unterliegt ja einer gewissen Regulatorik in Brüssel. Und eigentlich sind die 500 Milliarden für Infrastrukturausgaben noch nicht regelkonform. Wird dieses Geld am Ende überhaupt fließen können?

Südekum: Da bin ich mir recht sicher. Europa und die internationalen Finanzmärkte haben gejubelt, als Deutschland dieses Programm vorgestellt hat. Das wäre völlig widersinnig, wenn das jetzt an den EU-Fiskalregeln scheitern sollte.

Ein Szenario wäre, dass man nochmal minimal-invasiv Reformen dieser Regel macht, um es dann zu ermöglichen. Der bessere Weg wäre, wenn wir wirklich Reformen umsetzen. Strukturreformen auf der Angebotsseite, die das Potenzialwachstum in Richtung ein bis 1,5 Prozent erhöhen, dann wird es auch einfacher, diese Schuldentragfähigkeitsanalyse zu überstehen. Momentan haben wir mit 0,5 einen schlechten Wert. Da werden die Schuldentragfähigkeitsanalysen eine rote Lampe aufleuchten lassen.

Pioneer: So oder so bedeutet das Schuldenpaket, dass die Staatsverschuldung Deutschlands oberhalb der Maastricht-Regeln liegen wird, wofür andere Länder einen Preis verlangen werden. Wären Sie bereit, zum Beispiel dem Preis einer gemeinsamen Verschuldung über Eurobonds zuzustimmen?

Südekum: Nicht für die Infrastruktur-Schulden. Eurobonds ja für gemeinsame europäische Projekte, also Verteidigung. Die Infrastruktur in Deutschland muss in Deutschland alleine finanziert werden. Und dann geht es eben nur darum, dass dies auch kompatibel gemacht wird mit den europäischen Fiskaregeln.

An alle Studierenden: Im Gespräch teilte uns Südekum mit, dass er nicht ins Ministerium nach Berlin wechselt sondern weiterhin an der Uni bleibt. Er wolle weitermachen wie bisher – weitestgehend. Das bedeutet in seinem Fall:

Wenn Probleme oder Fragen auftauchen, hat Lars Klingbeil einen kurzen Draht zu mir.