Solide, nicht euphorisch: Die Delegierten wählen Christian Dürr mit 82 Prozent zum neuen Parteichef. Ein bisschen Enttäuschung. Aber: Vorgänger Christian Lindner bekam bei seiner Erstwahl auch nur 79 Prozent.
Coup bestätigt: Nicole Büttner wird neue Generalsekretärin der FDP. Sie bekommt 80 Prozent der Delegiertenstimmen. Dürrs Überraschungsvorschlag geht also glatt durch.
Klare Ansage: „Niemand wählt uns, weil wir früher einmal gut waren“, so Büttner. Die FDP müsse sich verändern. Wohin? Bei ihr noch unklar. KI wird aber sicher Schwerpunkt der KI-Unternehmerin. Auch: offensiv um Fachkräfte aus Ausland werben. Und: „German Mut statt German Angst.“
FDP-Generalsekretärin Nicole Büttner © dpaKubicki-Klatsche: Der alte Vize bleibt Vize, aber mit nur 69 Prozent der Stimmen. Die anderen beiden Stellvertreter Svenja Hahn aus Hamburg und Henning Höne aus NRW bekommen mit je 76 Prozent mehr Unterstützung als Wolfgang Kubicki. Fazit: Delegierte wünschen sich mehr Neuanfang.
Der Osten lebt: Lydia Hüskens, Infrastrukturministerin in Sachsen-Anhalt, bekommt starke 94 Prozent für die Rolle als Beisitzerin im FDP-Präsidium. Die anderen Beisitzer: Florian Toncar (ein alter Bekannter, 72 Prozent) und Susanne Seehofer (die Neue aus Bayern, 50 Prozent in Kampfabstimmung).
Susanne Seehofer © dpaKein Links, kein Rechts: Dürr erklärt die Richtungsdebatte für beendet. Mit „zwei Lagern“ sei nichts gewonnen. Die Idee des Liberalismus sei unteilbar. „Wir sind keine Bindestrichliberalen. Wir sind Freie Demokraten.“ Aber: Geschätzt jeder fünfte Liberale wünscht sich Rechtsruck.
An den Rand gedrängt: Von Rebellen und Quertreibern war auf dem Parteitag jedenfalls wenig zu hören. Zu einer Kampfkandidatur von Thüringens FDP-Chef Thomas Kemmerich kam es nicht.
Halb gelungen: Dürrs Vergleich mit Mindestlohner-Bezieher Timo, der nach 45 Jahren Arbeit 930 Euro Rente bekäme. Der müsse „am Ende Millionär sein können, nicht Bittsteller beim Amt.“
Konkretester Vorschlag: „Wenn der Staat Daten schon hat, darf er sie nicht erneut abfragen“, so Dürr.
Da ist er wieder – der Sozialisten-Reflex: „Die Staatsquote steigt – das ist kein Grund zum Feiern, das ist der Einstieg in den Sozialismus.“
Die Seele der Partei: fordert dringend mehr Optimismus. Die FDP müsse wieder „eine fröhliche Partei“ (Teresa Widlok), eine „Mitmachpartei“ (Nikolai Ditzenbach) und „auf keinen Fall eine Partei der Kulturpessimisten sein“ (Helmer Krane). So hörten sich viele Delegierten an. Das wird der Auftrag für die neue Spitze.
Teamplayer Dürr: Die programmatische Erneuerung der Freien Demokraten werde „keine Eine-Frau- oder Ein-Mann-Aufgabe sein“. Dürr in den Saal: „Es fängt mit Euch an.“
Der emotionalste Moment: Lindners Abschiedsrede – und dieser Satz: Der Liberalismus antworte nicht zuerst: „Ich“. Den Liberalen gehe es „um Dich“ – „um Deine Art zu leben, wie du willst.
Überraschendstes Bekenntnis: Keine Lobbyisten für Reiche zu sein. „Ja, wir schützen das Eigentum“, sagte Lindner. Aber: „Im Zweifel brauchen die uns gar nicht. Wir unterstützen die, die was aufbauen wollen.“
Was bleibt: die Forderung nach einem neuen Grundsatzprogramm. Das soll bis zur nächsten Bundestagswahl stehen – 13 Jahre nach den Karlsruher Freiheitsthesen. So will es Dürr.
Fazit: In Berlin präsentiert sich eine Partei auf der Suche nach den Koordinaten für den modernen Liberalismus. Was sie gerne verschweigt: dass die Delegierten intern durchaus zerstritten sind.