Machtwechsel

Robin Alexander: „Starke Fliehkräfte“ in der politischen Mitte

17.07.2025
© Imago
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Immer diese Personalentscheidungen: Historische Ereignisse, die noch dazu eine Dysfunktionalität der Regierungskoalition offenbaren, gab es bereits zwei in nicht einmal 100 Tagen schwarz-rote Bundesregierung. Nach dem gescheiterten Wahlgang von Friedrich Merz zu Beginn der Legislaturperiode folgte vergangene Woche die geplatzte Richterwahl.

Im Machtwechsel-Podcast werfen Robin Alexander und Dagmar Rosenfeld daher die Frage auf, ob es an mangelnder Professionalität oder zu tiefen Gräben zwischen Union und SPD liegt. Robin Alexander sagt hierzu:

Ich glaube, beide Phänomene gelten. Um sie zu verstehen, sollte man sich erst mal vor Augen führen, dass beides Personalentscheidungen waren.

Robin Alexander, 2.7.2025 © Anne Hufnagl

Die Besonderheit daran: Es wird geheim gewählt – in beiden Fällen, ohne dass es Gegenkandidaten gab. Es lässt sich laut Robin Alexander also sagen, dass die Bundesregierung und das Parlament sich besonders dann nicht einigen können, wenn es um Repräsentationsfragen geht – denn „ironischerweise wurde ja zwischendurch eine Menge gewuppt“. Weiter:

Ich glaube, daraus ließe sich die Analyse ziehen, dass bei Schwarz-Rot – und ich würde sogar weitergehend sagen, in der politischen Mitte – deutlich wird, wie stark die Fliehkräfte sind.

Nach dem jüngsten Streit um Frauke Brosius-Gersdorf steht für die Bundesregierung und Kanzler Friedrich Merz nun vor allem die Frage im Raum: Wie geht es weiter? Im Fall der Richterwahl wird das wohl noch etwas dauern. Dagmar Rosenfeld:

Wahrscheinlich, wenn man Merz beim Wort nimmt, wird das erst nach der Sommerpause geschehen. Hofft man, dass sich die Wogen in der Zeit glätten? Ich meine, die Vorbehalte in der Union gegen Frauke Brosius-Gersdorf werden nicht verschwinden.

Dagmar Rosenfeld, 2.7.2025 © Anne Hufnagl

Strom, Schulden, Steuern: Zur Wahrheit gehört auch, dass die Regierung, trotz ihrer Unfähigkeit sich auf passende Kandidaten für das Bundesverfassungsgericht zu einigen, in den ersten zehn Wochen Amtszeit einiges auf den Weg brachte. Sei es beim Haushalt oder beim Thema Migration, in einigen Punkten konnten sich Union und SPD trotz üblicher inhaltlicher Differenzen einig werden. Dafür gibt es laut Robin Alexander drei Erklärungen:

  1. Die SPD gleicht sich dem Koalitionspartner an – wie in der Vergangenheit an die Grünen.

  2. Die SPD hat verstanden, dass sie auch aufgrund der Migrationsdebatte viele Wählerstimmen verloren hat.

  3. Die Migrationswende erfolgte bereits unter Olaf Scholz – so auch die Argumentation des ehemaligen Kanzleramtschefs Wolfgang Schmidt.

Dagmar Rosenfeld ergänzt:

Aber du kannst ja auch argumentieren, dass die Asylgesuche tatsächlich rückläufig sind, hat wenig mit den Maßnahmen an der deutschen Grenze zu tun und viel mit außenpolitischen Geschehnissen, wie zum Beispiel dem Regimewechsel in Syrien.

Da die aktuellen Maßnahmen in der Migrationspolitik jedoch nicht ausreichend seien, würde sich zeigen, inwieweit die SPD eine Ausweitung von Abschiebungen und Grenzkontrollen mitträgt.

Trotz aller lauter Streits lässt sich also resümieren, dass die Bundesregierung viele leise Erfolge verzeichnen kann. Welche noch dazugehören, hören Sie in der neuesten Folge Machtwechsel:

Laute Krisen, leise Erfolge – wie stabil steht Merz' Koalition?

Machtwechsel – mit Dagmar Rosenfeld und Robin Alexander

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Veröffentlicht in Machtwechsel von Dagmar RosenfeldRobin Alexander.

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