wir haben es geschafft, Deutschland hat seinen neuen Bundestag gewählt. Es gibt einige Wahlsieger und sehr viele Verlierer.
Verloren haben wir auf den letzten Metern: Olaf Scholz, Christian Lindner und Robert Habeck – und damit die drei prägenden Ampel-Männer –, sowie Rolf Mützenich, Marco Buschmann und Wolfgang Kubicki... nicht.
Doch genug des Rambozambo, wir wollen heute:
auf einen Shootingstar im Bundestag blicken,
eine Western-Serie empfehlen
und noch ein paar offene Fragen stellen.
Doch vor allem wollen wir heute flüchten. In den Wald.
Los geht’s.
Wochen der Sondierungs- und Kolaitionsgespräche stehen uns bevor, Journalisten werden aus jedem Kleinstdetail Schlagzeilen produzieren und die Aufmerksamkeitsmaschinerie aufrechterhalten, manch Erkenntnisreiches und viel Nebensächliches wird uns multimedial beschallen.
Mein Vorschlag: Lassen Sie uns einmal durchatmen und zur Ruhe kommen – indem wir die natürlichste und vielleicht auch deutscheste Form des Eskapismus pflegen: den Waldspaziergang. Der Wald als Ort der Stille, wo die Luft klar ist, die Sonne durch die Baumkronen scheint und der Boden unter uns knistert und knirscht.
Im Achten Tag spreche ich mit dem Förster und Autor Peter Wohlleben über seine Liebe zum Wald, darüber, wie dieses besondere Ökosystem funktioniert und wie es unsere Existenz beeinflusst.
Sie werden sehen: Wenn wir aus dem Wald kommen, steht die Welt noch.
Vergessen wir uns also für einen Moment und treten ein in eine Welt aus Bäumen und Moos, Bakterien, Pilzen und Rehen.
Bäume kommunizieren über Wurzeln und ein Pilz-Netzwerk, tauschen Stoffe aus und stärken sich gegenseitig. Zusammen kann ein Wald selber Wetter machen.
Nicht Peter Wohlleben, sondern Friedrich Nietzsche hat mal den aus meiner Sicht sehr wahren Satz geschrieben:
Wir sind so gern in der freien Natur, weil diese keine Meinung über uns hat.
Ich nehme Sie, wenn Sie mögen, an der Hand und wir spazieren an diesem Achten Tag in den Wald – und schalten das Meinungsgetöse ganz in Nietzsches Sinne mal aus.
In dieser Rubrik wollen wir heute nur Fragen stellen.
24.02.2025: Klingbeil, Scholz und Esken bei einer Pressekonferenz © imagoDie SPD holt ihr historisch schlechtestes Ergebnis und die Parteivorsitzenden bleiben? Beide? Also auch Saskia Esken?
Hat Robert Habeck sein nicht so gutes Wahlergebnis wirklich damit begründet, dass er einfach zu verantwortungsvoll ist? (Paraphrasiert: Aus staatspolitischer Verantwortung habe er eine mögliche Zusammenarbeit mit der Union nicht ausgeschlossen, dafür habe er nun zahlen müssen.)
Apropos Union: Sind Sie sich sicher, liebe Union, dass es eine gute Idee ist, Boris Rhein in die zweite Reihe zwischen Hendrik Wüst, Friedrich Merz und Markus Söder zu stellen? Tun Sie Ihrem eigenen Ministerpräsidenten den Gefallen und stellen den Mann nach vorne oder zumindest an die Seite.
Ernsthaft, Wolfgang Kubicki?
Es liegt etwas in der Luft und es duftet nach Western. Yellowstone, American Primeval, Territory – nur eine kleine Auswahl aktueller Serienproduktionen, die allein auf Netflix derzeit (an)laufen.
Was soll uns das sagen? Dass die Rückkehr überwunden geglaubter Männlichkeitsgebahren in der Politik auch ihr filmisches Äquivalent findet? Dass wenn Breitbeinigkeit in eine Regierungszentrale nach der nächsten zieht, dann doch erst recht auf die Fernsehbildschirme? Und zwar mit dem Original-Typus der buchstäblichen Breitbeinigkeit: dem Cowboy.
Und in der Tat ist die Flucht in den Wilden Westen, zu den rollenden Steppenläufern, in menschenleere Ortschaften, in Saloons mit Whiskey, auf Pferde und Kutschen eine besonders wohltuende Form des Eskapismus – ist diese Welt doch besonders weit entfernt von unserer Alltagsrealität.
Wenn Sie flüchten wollen in diese Welt der staubtrockenen Luft und bedeutungsschwangeren Blicke unter gebogenen Hutkrempen, dann empfehle ich Ihnen die Serie Godless.
Der Ort mit dem schön klingenden Namen La Belle wird fast nur von Frauen bewohnt, nachdem nahezu alle Männer bei einem Minenunglück ums Leben gekommen sind. Frauen geben hier den Ton an, sorgen für die Sicherheit der Einwohnerinnen, sind Chefinnen ihrer eigenen Farm, geben Kindern Unterricht und bauen Häuser. Dann kommen ein paar Männer und, nun ja, die Dinge werden komplizierter.
Und aufregender.
Godless bietet alles, was uns an Western gefällt – wohl dosierte (aber heftige) Gewaltszenen, beeindruckend choreografierte Schießereien, wilde Pferde und auch ein bisschen Intimität im brutalen Mittleren Westen – aber eben auch noch ein wenig mehr. Frauen sind nicht nur Mütter oder Prostituierte; überhaupt sind die Figuren komplexer und komplizierter als gewöhnlich. Hier ist der Held nicht nur gut, der Bösewicht nicht immer schrecklich. Und apropos Held: Roy Goode. Wenn Sie sich in ihn verlieben, könnte ich es verstehen.
... Heidi Reichinnek.
Mit dem für viele überraschenden Erfolg der Linken hat sich Spitzenkandidatin Heidi Reichinnek in den Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit katapultiert. Wer ist die Frau?
36 Jahre alt, aufgewachsen in Sachsen-Anhalt, dann Bachelor- und Masterstudium der Politikwissenschaft und des Nahen Ostens, seit 2021 Mitglied des Deutschen Bundestags. In ihrer Partei kümmert sie sich um die Themen Kinder, Familien und Frauen. Zuvor hat sie mit minderjährigen Geflüchteten und in der Jugendhilfe gearbeitet.
Bekannt wurde sie vielen durch ihre Wutrede in Reaktion auf den von der AfD unterstützten Antrag der CDU zur Verschärfung der Migrationspolitik Ende Januar. Allein auf TikTok wurde ein Clip aus ihrer Rede knapp sieben Million mal aufgerufen. Seitdem klettern die Linken-Beitritte in Rekordhöhen: In den 24 Stunden nach Reichinneks Auf-die-Barrikaden-Rede hat die Linke 5000 neue Mitglieder gewonnen. Das Durchschnittsalter der seit Januar bundesweit Eingetretenen liegt bei 28 Jahren, knapp 53 Prozent sind Frauen. Heute zählt die Linke knapp 100.000 Mitglieder.
Heidi Reichinnek hat sich als das Ying zum Yang der Mission Silberlocke kristallisiert und wird gefeiert wie ein Popstar. Die Frau mit dem Rosa Luxemburg-Tattoo auf dem linken Arm trägt ihre Themen in einem ungeheuren Tempo vor, spricht gefühlt in doppelter Geschwindigkeit.
Als Reichinnek vergangene Woche aus gesundheitlichen Gründen nicht auf einer Wahlkampfveranstaltung in Dresden erscheinen konnte, veranstaltete die Linke stattdessen eine Get well soon, Heidi-Party. Ihre Fans erschienen in Scharen.
Der Linken blüht ein Neuanfang als relevante Oppositionspartei mit Heidi Reichinnek und ihren scharfzüngigen Reden an vorderster Front. Oft und viel beschweren wir uns an dieser Stelle über Politiker, die kaum Leidenschaft oder Begeisterung für ihre Themen spüren lassen. Das kann man Reichinnek nun nicht vorwerfen.
Ich freue mich sehr darauf, endlich wieder mit dem Pioneer-Team auf Tour zu gehen – ganz sicher auch bei Ihnen in der Nähe.
Nach zehn ausverkauften Shows im vergangenen Jahr präsentieren wir unser neues Programm CELEBRATING DEMOCRACY.
Erleben Sie 120 Minuten Live-Journalismus, präsentiert von der Brost-Stiftung.
Wir wollen informieren, inspirieren und irritieren.
Als besonderes Highlight des Tourauftakts am Mittwoch, 26. März, in der Kölner Stadthalle begrüßen wir den Bestsellerautor Frank Schätzing (Der Schwarm) als Special Guest.
Ich wünsche Ihnen eine schöne Woche ✨.
Auf sehr, sehr bald.
Ihre