Der 8. Tag – der Newsletter

Sonneborn & Berg, Paul Auster, Jeans und Claude

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© The Pioneer

Guten Morgen,

  • wir sprechen heute über Jeans,

  • wir ehren einen der ganz großen Schriftsteller

  • und wir stellen Ihnen Ihren neuen Assistenten vor.

Doch zunächst sprechen wir über Satire und Politik.

Los geht’s.

Wenn am nächsten Sonntag Bundestagswahl wäre, dann würden immer mehr Menschen die nicht-traditionellen Parteien wählen.

Das Vertrauen an die Vertreter der politischen Mitte nimmt ab, das zeigen Umfragen von Forsa, Allensbach und Co.

Davon profitieren vor allem populistische und extreme Parteien.

Ich habe noch nie verstanden, weshalb es ein Protest sein soll, Rechtsextremisten seine Stimme zu geben.

Das Wählengehen wird von einigen ohnehin missverstanden, glaube ich.

In einer Überflussgesellschaft sozialisiert, die alles in allen Geschmacksrichtungen anbietet, in der alles individualisierbar ist und – gegen einen kleinen Aufpreis – auch mit den persönlichen Initialen versehen werden kann, wird manch einer trotzig, kindisch – hier und da auch dümmlich –, wenn ihm nicht alle Wünsche erfüllt werden.

Schließlich haben uns Kapitalismus und Werbewirtschaft seit Jahrzehnten glaubhaft erzählt, wie einzigartig wir sind. Mit allen Mitteln wird um unsere Gunst (und unser Geld) gekämpft.

Die Werbeindustrie wusste schon immer, dass es nicht darum geht, unsere Wünsche zu erfüllen. Es geht darum, jene tief verborgenen Sehnsüchte zu erhören, von denen wir nicht wussten, dass wir sie haben.

Nun, so funktioniert leider repräsentative Demokratie nicht. Sie ist kein Wünsch-dir-was, sondern ein Wähle-womit-du-am-ehesten-leben-kannst.

Ich persönlich habe das Kreuzchen in der Wahlkabine schon immer als die Wahl des geringsten Übels gesehen. Das ist auch besser fürs Herz, glauben Sie mir.

Und für einige, die mit gar keiner der großen Parteien etwas anfangen können, aber zu anständig sind, um Rechtsextremisten zu wählen, für die ist er hier das geringste Übel:

Martin Sonneborn beim Live-Talk auf der Pioneer One © Anne Hufnagl

Die Partei ist eine Satirepartei. Sie provoziert, prangert an und nimmt die Mächtigen auf den Arm. Mit ihrer Arbeit entlarvt sie das Komische – und das Tragische im politischen Betrieb.

2004 wurde die Partei von Redakteuren der Zeitschrift Titanic gegründet, seit 2014 ist Martin Sonneborn ihr Vorsitzender.

Nun soll Sibylle Berg – Autorin, Dramatikerin, Aktivistin, Kunstfigur – für Die Partei ins Europäische Parlament einziehen.

Sibylle Berg auf der Pioneer One © Anne Hufnagl

Doch wie stärkt Satire eine intakte Demokratie?

Welche Rolle nimmt sie ein, wenn die Politik selbst und ihre Akteure zur Realsatire mutieren?

Und ist das Europäische Parlament tatsächlich ein solches Irrenhaus, wie es Sonneborn gern nennt?

Martin Sonneborn und Sibylle Berg im Gespräch mit Alev Doğan auf der Pioneer One © Anne Hufnagl

Um das und mehr zu erfahren, haben wir Sonneborn und Sibylle Berg zu einem Live-Podcast mit Publikum auf die Pioneer One eingeladen.

Hören Sie unser Gespräch über das Spannungsfeld zwischen Kunst und Politik, über die Gefahr eines Überwachungsstaats und über das Arbeiten mit polnischen Monarchisten in Brüssel.

Politik, Komik und Realsatire: Ein Gespräch mit Martin Sonneborn und Sibylle Berg

Warum Die Partei im Europäischen Parlament bleiben will und was sie von der Militarisierung hält.

Podcast hören

Veröffentlicht in Der 8. Tag von Alev Doğan.

Podcast

Der 8. Tag

Beyoncé auf ihrem kürzlichen Instagram-Post © Instagram/Beyonce

Ich besitze ziemlich genau eine Bluejeans.

Ich erinnere mich, als wenn es gestern gewesen wäre:

Im Januar 2020 kam ich – damals noch wohnhaft in Düsseldorf und Politikredakteurin bei der Rheinischen Post – für ein paar Tage nach Berlin, um gefühlt eine Million Wohnungsbesichtigungen über mich ergehen zu lassen.

Auf die schwierige Wohnungssuche war ich vorbereitet, auf den Ostwind und die sibirische Kälte nicht. Zwischen zwei Terminen irgendwo in Mitte kaufte ich mir eine Jeans, um das Einfrieren meiner Beine zu verhindern.

Ansonsten sind die Jeans und ich nie so richtig warm geworden. Aber ich bin natürlich in der Lage anzuerkennen, dass die Jeans an und für sich aus der Mode nicht wegzudenken ist – und vermutlich nie sein wird.

Nun hat Beyoncé die Umsätze des vermutlich legendärsten Jeans-Herstellers angekurbelt. Country, Cowboy und Jeans gehören zusammen, klar. Doch es geht expliziter:

Einer der Songs auf ihrem neuen Country-Album heißt „Levii’s Jeans“.

Das Unternehmen selbst möchte eine positive Wirkung des Songs auf die eigenen Verkäufe weder bestätigen noch dementieren. Doch wer unsere Hype-hungrige Gesellschaft kennt, der kann sich ausmalen, was in den Levi’s-Stores derzeit los ist.

Paul Auster ist im Alter von 77 Jahren gestorben. © dpa | Castaneda;Stache

Und zum Glück bleibt das Werk. Und damit auch der Mensch.

Baumgartner war das letzte Buch, das ich von Paul Auster gelesen habe. Ich musste es nach dem ersten Drittel weglegen, weil es zu gut war. Das passiert mir nicht häufig mit Büchern.

Doch wer Trauer und Verlust kennt, der findet in diesem Roman ein Gegenüber, das artikuliert, was man fühlt. Mit Halbsätzen, mit Figuren, mit Bildern.

Manchmal berühren uns Worte zu sehr.

Dann sind Bücher wie Menschen, mit denen man nicht sprechen möchte, weil sie einen zu gut kennen und wissen, was in einem vorgeht.

Paul Auster ist am 30. April um 18:58 Uhr im Kreise seiner Familie gestorben.

Möge er in Frieden ruhen.

Ich empfehle jedes seiner Bücher. Selbst 4 3 2 1 – das allerdings nur, wenn Sie viel Zeit haben.

Hieß auch Claude: Claude Monet © imago

Claude.

Claude ist die neue Siri, könnte man sagen. Oder eher: Claude ist die bessere Siri. Denn Claude soll können, was ChatGPT kann. Nur eben in unseren iPhones, entwickelt von ehemaligen OpenAI-Mitarbeitern.

Neben der Möglichkeit, mit uns Nutzern zu interagieren und Informationen bereitzustellen, kann Claude auch Fotos verarbeiten. Wir können einen Text oder unsere Besprechungsnotizen abfotografieren – und Claude fasst uns den Inhalt zusammen.

Und weil ich weiß, dass sehr viele von Ihnen Apple-Geräte nutzen, mache ich Sie hiermit mit Ihrem neuen Assistenten bekannt: Claude.

(Was seinen Namen angeht: Ich mag ihn.)

Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende!

Auf sehr, sehr bald.

Ihre

Pioneer Editor, Stv. Chefredakteurin The Pioneer
  1. , Pioneer Editor, Stv. Chefredakteurin The Pioneer

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