Und im Interview: Jürgen Kaube, FAZ-Herausgeber

Comeback des Horoskops, Zukunft des Feuilleton und Ohnmacht in der Bahn

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 © The Pioneer

Guten Morgen,

ich begrüße Sie zu unserem Gesellschaftspodcast Der 8. Tag – schön, dass Sie dabei sind.

Herzlichen Glückwunsch uns allen – es ist Wochenende!

Was bisher geschah:

  • Der Friedensnobelpreis geht an die russische Organisation Memorial, die ukrainische NGO Center for Civil Liberties und an den belarussische Menschenrechtsaktivisten Ales Beljazki.

  • Nobelpreis II: Der für Literatur geht in diesem Jahr an die französische Autorin Annie Ernaux. Die Akademie zeichnete sie "für den Mut und die klinische Schärfe, mit der sie die Wurzeln, Entfremdungen und kollektiven Fesseln der persönlichen Erinnerung aufdeckt".

  • Hollywoodstar Alec Baldwin hat nach dem tödlichen Schuss auf die Kamerafrau Halyna Hutchins bei einem Westerndreh eine außergerichtliche Einigung mit der Familie der Verstorbenen erzielt. Vielleicht erinnern Sie sich: Baldwin hatte im Oktober während Dreharbeiten in den USA die 42-jährige Kamerafrau Hutchins mutmaßlich versehentlich mit einer Requisitenwaffe erschossen. Wie das geschehen konnte, ist bislang unklar. Der Film Rust soll übrigens weitergedreht werden – auch wenn ich mir nicht vorstellen kann, wie. The Show must go on, klar – aber jede Show?

  • Zu seinem 70. Geburtstag hat sich der russische Präsident Wladimir Putin in Sankt Petersburg von Staatsgästen feiern lassen.

  • Mehr als 90 Menschen sind es mittlerweile, die nach Angaben der in Oslo ansässigen Organisation Iran Human Rights bei den Protesten bisher getötet wurden.

Ein klassisches Thema für das Feuilleton: Die französische Schriftstellerin Annie Ernaux erhält den Literaturnobelpreis. © picture alliance / dpa

Lassen Sie uns heute über das Feuilleton sprechen.

Jenes traditionsreiche Ressort in Zeitungen, Online-Medien und Radiosendern, das immer ein bisschen anders ist als die anderen.

Feuilleton, das ist Literatur, Theater und Musik, Film, bildende Kunst und Gesellschaftsdebatten.

Gut gemachtes Feuilleton kann außerdem das weite Feld der Ironie, des feinen Humors, der Experimentierfreude lustvoller bespielen als jedes noch so gute Politik-, Wirtschafts- oder Sportressort.

Etwa, wenn die Frankfurter Allgemeine Zeitung den legendären Literatur-Kritiker Hellmuth Karasek bittet, den Ikea-Katalog zu rezensieren (hören Sie im Achten Tag).

Und es gibt auch glorreiche neue Formate, Menschen und auch neue Formen eines postmodernen Feuilleton, zu denen ich beispielsweise die kongeniale Marie Lina Smyrek zählen muss, deren Videos der einzige Grund sind, weshalb ich einen TikTok-Account habe (ebenfalls im Achten Tag-Podcast).

Das klassische Feuilleton ist für viele aber auch ein elitärer closed shop:

Für viele ist es ein negativ besetzter Begriff, dessen Machern ein überheblicher, nebensächlicher oder affektierter Gestus unterstellt wird.

Laut dem Obermufti des klassischen Journalismus Wolf Schneider sind Feuilleton-Redakteure geradezu stolz darauf, dass ihre Texte nicht für die ganze Bevölkerung verständlich seien, ihr Feuilleton sei also absichtlich nicht für die Mehrheit gedacht.

Stimmt das eigentlich?

Und welche Zukunft hat das klassische Feuilleton eigentlich noch in einer Welt, in der die großen Debatten auf Social Media beginnen, die großen Diskursverschiebungen ihren Anfang mit YouTube-Videos und Twitter Hashtags nehmen und das Feuilleton kaum mehr Menschen erreicht als ein paar pensionierte Oberstudienräte?

Mit wem ließe sich trefflicher darüber sprechen als mit dem Herausgeber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und Feuilleton-Verantwortlichen Jürgen Kaube.

Ein Gespräch über abgehobene Redakteure und die Grenzen der Inklusivität:

"Selbstverliebtheit ist keine gute Geste"

FAZ-Herausgeber Jürgen Kaube über das Feuilleton, komplizierte Texte und Social Media.

Podcast hören

Veröffentlicht in Der 8. Tag von Alev Doğan.

Podcast

Der 8. Tag

 © The Pioneer

Ich hatte gehofft, dass es nie soweit kommen würde, aber was sein muss, muss sein. Wir sprechen in der Stilfrage über die Deutsche Bahn.

Mein Verhältnis zu ihr könnte man vergleichen mit dem, das eine entführte Person zu ihrem Kidnapper hat:

Existenzielle Ohnmacht, Kontrollverlust, Demütigung, völliges Unwissen, wann und wo man wieder Mensch sein darf. All das freilich ohne jegliche Ansätze des Stockholm-Syndroms.

Dass jede Reise mit der Deutschen Bahn ein Anwendungsbeispiel für Murphys Law ist, hat sich mittlerweile als deutsches Kulturgut manifestiert.

Hören Sie im Achten Tag, was sich die Deutsche Bahn trotzdem nicht nehmen lässt.

 © The Pioneer

Alev approved: "Selbstbildnisse in der Moderne" von Uwe M. Schneede © C.H.Beck-Verlag

Was haben Pablo Picasso, Kim Kardashian, Frida Kahlo, Markus Söder und Marina Abramovic gemein?

Sie alle haben eine Schwäche für Selbstporträts.

Hören Sie im Achten Tag, weshalb wir diese Woche Uwe M. Schneedes Selbstbildnisse in der Moderne empfehlen.

Mögen sich beide gerne selbst sehen: Kim Kardashian und Vincent van Gogh © The Pioneer

 © Perseo Medusa / Panthermedia

... den Sternen.

Je komplexer, undurchsichtiger und ambivalenter unsere Gegenwart mit all ihren Krisen und Konflikten wird, umso eher scheinen wir uns den unergründlichen und daher so beruhigenden Konzepten der Astrologie zu ergeben.

Was das mit dem sogenannten Barnum-Effekt zu tun hat, hören Sie im Achten Tag.

So schlecht wie in diesem Sommer lief es bei der Bahn lange nicht, sagt mein Kollege Rasmus Buchsteiner. Das Schienennetz ist überlastet. Im Vorstand tobt ein Machtkampf. Jetzt werden die Ziele für die Pünktlichkeit nach unten geschraubt.

Lesen Sie seinen Report aus dem Inneren des Staatskonzerns, in dem viele nicht an die schnelle Trendwende glauben (ich übrigens auch nicht):

 © The Pioneer

Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende und freue mich, wenn wir uns im nächsten Achten Tag wieder begegnen.

Bis dahin – auf sehr, sehr bald.

Herzlichst

Ihre

Pioneer Editor, Stv. Chefredakteurin ThePioneer
  1. , Pioneer Editor, Stv. Chefredakteurin ThePioneer

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