Zum Tod des Journalisten Franz Joseph Wagner

Abschiedsbrief an Wagner

Der langjährige Bild-Kolumnist schrieb über Politik und Alltag, über Menschen und Macht. Seine „Post von Wagner“ war mehr als zwei Jahrzehnte fester Bestandteil des Boulevards – es bleibt ein letzter Gruß an den Alltagspoeten.
Dagmar Rosenfeld, Stefan Lischka
08.10.2025
© dpa
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Franz Josef Wagner, kurz FJW, ist im Alter von 82 Jahren gestorben. Die Bild hat ihren wichtigsten Kolumnisten, das Restaurant Adnan seinen treuesten Gast und Millionen Leser haben ihren Alltagspoeten verloren.

Am 7. August 1943 geboren, wuchs Wagner als Sudetendeutscher in Regensburg auf. Er sang bei den Domspatzen, fiel durchs Abitur, absolvierte ein Volontariat bei der Nürnberger Zeitung und arbeitete bald als Reporter bei der Bild. Von 1990 bis 1992 und 1993 bis 1996 war er Chefredakteur der Bunte. Seit 2001 schrieb er fünfmal die Woche in der Bild einen Brief: „Post von Wagner“ war seine späte Berufung.

Im heutigen Pioneer-Podcast verabschieden sich Dagmar Rosenfeld und Stefan Lischka von Wagner, mit einem liebevollen Brief Wagners an sich selbst.

Lieber Franz Josef Wagner,

Worte sind nicht gleich Worte. Es gibt lange und kurze, gute und schlechte, schöne und solche, die weh tun. Liebe ist ein starkes Wort.

Worte waren IHRE große Liebe. Sie lebten mit ihnen und lebten durch sie und brachten sie zu Blatt. Manchmal frech, anmaßend, manchmal nachdenklich, fast sentimental oder vernichtend kritisch. Niemals langweilig.

Sie richteten Ihre Worte an die Reichen und Schönen, die Mächtigen und an ganz normale Menschen, an vergessene Alltagshelden. Alle bekamen mal Post von Ihnen: der Kanzler, das Hochzeitspaar Bezos, ein namenloses Todesopfer in der Ukraine, Donald Trump und all jene, die sich Donald Trump anbiedern, aber auch Angela Merkel, Markus Lanz, ein verletzter Fußballer.

Franz Josef Wagner und Eveline Hall zu Gast bei Markus Lanz in Hamburg, 27.01.2011 © Imago

Über Ihre Worte sprach man. Manch einer regte sich über das Geschriebene auf, andere applaudierten, keiner hatte keine Meinung zur „Post von Wagner“.

Vor Redaktionsschluss riefen Sie an beim Verlag und gaben telefonisch Ihren Text durch. Wer braucht schon E-Mails? Sie waren ein Printjournalist aus einer anderen Zeit. Oder doch eher ein Künstler? Ein Poet? Auf jeden Fall einer mit Festnetztelefon, das eine Wählscheibe hatte.

Einmalig ist auch ein starkes Wort. Sie waren einmalig, Franz Josef Wagner. Sie werden fehlen. Gute Reise.

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