Schriftsteller

Aus dem Volksmund Kunst schaffen

Kathrin Kessler
04.08.2025
© Imago
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Hans Christian Andersen wurde vom verarmten Halbwaisen zum bekanntesten Schriftsteller Dänemarks. Heute vor 150 Jahren ist er in Kopenhagen verstorben.

Geboren wird Andersen 1805 in einem kleinen Dorf auf der dänischen Insel Fünen als Sohn eines Schuhmachers und einer Wäscherin. Der Vater stirbt, als Andersen noch keine 14 Jahre alt ist. Daraufhin zieht der Jugendliche in die dänische Hauptstadt und versucht sein Glück als Schauspieler, Sänger und Tänzer. Der Intendant des königlichen Theaters erkennt Andersens Talent für Sprache, nimmt ihn bei sich zu Hause auf und schickt ihn auf eine Lateinschule, wo er seine Begeisterung und sein Talent für das Schreiben schärfen kann.

Mit gerade einmal Anfang 20 veröffentlicht Andersen seinen ersten Märchenband. Während die Brüder Grimm in ihren „Kinder- und Hausmärchen“ vor allem mündlich überlieferte Geschichten zusammentragen und kuratieren, schafft Andersen eine eigene Gattung, in der er das Märchen inhaltlich und formal weiterentwickelt: In seinen sogenannten „Kunstmärchen“ treten vielschichtige Charaktere auf, die sich in moralischen Grauzonen und psychischen Abgründen bewegen, ohne Gut oder Böse, Schwarz und Weiß.

Wahrzeichen Kopenhagens: Die kleine Meerjungfrau © Imago

So etwa die kleine Meerjungfrau, die zwar selbstlos das Leben des schönen Menschenprinzen rettet, ihn aber nicht etwa aus Liebe, sondern aus dem Verlangen nach einer unsterblichen Seele zu heiraten wünscht. Als nicht einmal ihr Pakt mit der Meereshexe das gewünschte Ergebnis hervorbringt und der Prinz schließlich eine menschliche Prinzessin heiratet, versucht sie, sich selbst das Leben zu nehmen. Ihr Geist lebt im Meerschaum weiter und beobachtet aus der Ferne weiter den Gegenstand ihrer Sehnsucht:

Und die kleine Meerjungfrau erhob ihre verklärten Augen gegen Gottes Sonne und zum ersten Mal fühlte sie Tränen in ihren Augen. Auf dem Schiffe war wieder Lärm und Leben; sie sah den Prinzen mit seiner schönen Braut nach ihr suchen; wehmütig starrten sie den perlenden Schaum an, als ob sie wüssten, dass sie sich in die Fluten gestürzt habe.

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