So wie des Malers Werkzeug der Pinsel, des Sängers Werkzeug die Stimme und des Schriftstellers Werkzeug das Wort ist, ist Marina Abramovićs Werkzeug ihr Körper.
Marina Abramovic-Ausstellung im Amsterdamer Stedelijk-Museum, 2024 © imagoDie heute 78-jährige Performancekünstlerin wurde in Serbien als Tochter von kommunistischen Partisanen geboren, studierte Malerei in Belgrad und begann Ende der 60er-Jahre über theoretische Überlegungen, Texte und erste konzeptuelle Arbeiten ihren eigenen Körper als Mittel der Kunst zu begreifen. Ohne eine politische Dimension explizit zu beanspruchen, setzt sich Abramovićs Werk mit Machtstrukturen und Schmerz auseinander und fragt gleichzeitig immer, was künstlich und was wirklich ist.
Legendär ist die inszenierte Trennung von ihrem Lebens- und Schaffensgefährten Ulay: Nach einer zwölfjährigen Beziehung liefen Abramović und Ulay unter dem Performance-Titel „The Lovers: The Great Wall Walk“ von zwei Enden der Chinesischen Mauer mehr als drei Monate jeweils knapp 2.500 Kilometer einander entgegen, trafen und verabschiedeten sich in der Mitte und gingen schließlich privat und künstlerisch getrennte Wege.
Marina Abramović trifft Ulay an der Chinesischen Mauer © publicdelivery.orgFür ihr Lebenswerk wurde Marina Abramović nun mit dem Praemium Imperiale ausgezeichnet: Was sich anhört wie eine militärische Auszeichnung aus dem alten Rom, ist ein hochdotierter Kulturpreis, der von der Japan Art Association vergeben wird.
Die Begründung der Jury, die sich aus internationalen Gremien und Beratern (darunter einst auch Altbundespräsident Richard von Weizsäcker) zusammensetzt:
Die Preisträgerin schafft durch „die kreative Eigenwilligkeit ihrer Kunst auf höchstem Niveau neue Blickachsen“. Sie verknüpft „Vertrautes und Unverhofftes zu neuen Erkenntnissen“ und liefert damit entscheidende Grundlagen für Meinungsvielfalt und Meinungsfreiheit.