Europa

Dänemark übernimmt EU-Ratspräsidentschaft

Kathrin Kessler
Gestern
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Zur zweiten Jahreshälfte übernimmt Dänemark die EU-Ratspräsidentschaft von Polen. Der Fokus: Aufrüstung und Migration.

Ratspräsidentschaft – was bedeutet das? Im Rat der Europäischen Union (auch Rat oder Ministerrat genannt) kommen die Regierungsminister der 27 EU-Mitgliedstaaten zusammen. Im Zusammenspiel mit dem EU-Parlament erlässt er Gesetze und spiegelt dabei vor allem die nationalstaatlichen Interessen wider. In einem gesetzlich festgelegten Turnus hat jedes halbe Jahr ein anderer Mitgliedstaat die Ratspräsidentschaft inne.

Die Aufgaben des Ratsvorsitzes sind:

  • Treffen zwischen den jeweiligen Ministern zu organisieren und zu leiten,

  • bei Konflikten zwischen den Mitgliedstaaten zu vermitteln und

  • den Rat gegenüber EU-Institutionen, internationalen Organisationen und Drittstaaten zu vertreten.

Das heißt: Das Land mit der Ratspräsidentschaft kann in den Gesetzgebungsprozessen einige Akzente setzen.

1. Aufrüstung: Bei einer Pressekonferenz sagte Dänemarks Europaministerin Marie Bjerre dazu:

An erster Stelle steht für uns Europas Sicherheit. Unser Ziel ist, dass die EU sich spätestens 2030 selbst verteidigen kann. Mit unserer Ratspräsidentschaft wollen wir die Weichen dafür stellen, dass das möglich ist.

Marie Bjerres, die dänische Europaministerin  © imago

Ukraine-Beitritt: Dänemark sprach sich dafür aus, die EU-Beitrittsverhandlungen für die Ukraine voranzubringen. Das hatte bereits der Vorgänger Polen versucht – doch im Rat müssen solche Entscheidungen einstimmig getroffen werden und Ungarn unter Ministerpräsident Viktor Orbán blockiert dies weiterhin. Dort müsse Dänemark jetzt den Druck erhöhen, so Bjerre:

Ich weiß, dass es sehr schwierig – vielleicht unmöglich ist – aber wir müssen darauf drängen.

2. Migration: Hier blicken viele europäische Länder auf Dänemark als Vorbild. Das sozialdemokratisch regierte Land fährt einen sehr strengen Kurs in der Einwanderungspolitik – gerade für Geflüchtete gibt es sehr hohe Anforderungen an eine Aufenthaltserlaubnis. Sie sollen möglichst kurz im Land bleiben oder gleich ohne Verfahren an der Grenze abgewiesen und auch in Nicht-EU-Länder zurückgeschickt werden.

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Veröffentlicht von Kaare Dybvad Bek.

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Die Abschreckung wirkt: 2024 stellten 2.333 Personen in Dänemark einen Asylantrag. Zum Vergleich: In Deutschland waren es 250.000. Das führt die Regierung unter Mette Frederiksen auf ihre Abschreckungspolitik zurück und möchte diese Härte nun auf die europäische Ebene führen. Dazu schließt sie sich auch mit Regierungen wie beispielsweise der italienischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni zusammen, auch wenn diese auf dem klassischen politischen Spektrum weit auseinander liegen.

Im Mai forderten Meloni und Frederiksen, unterstützt von sieben EU-Regierungschefs, mehr nationale Entscheidungsfreiheit zur Migrationskontrolle und eine flexiblere Auslegung der Europäischen Menschenrechtskonvention.

Die dänische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. © imago

Zur Wahrheit gehört aber auch: Dänemark hat nur eine EU-Landesgrenze, über die Geflüchtete einreisen können, nur sechs Millionen statt 80 Millionen Einwohner – und hat für sich bereits Anfang der 1990er-Jahre Sonderregeln zum Europäischen Asylrecht ausgehandelt, um zum Beispiel Zurückweisungen an den Grenzen vornehmen zu können.

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