Demokratisierung ist eines der Schlagworte der Finanzbranche. Die Hürden zum Investieren sinken. Niedrige Einstiegssummen, ETF-Sparpläne, einfache Apps und Finfluencer bringen den börsenscheuen Deutschen die Investmentwelt näher. Das ist mit Blick auf Vermögensaufbau und Altersvorsorge eine gute Entwicklung.
Doch nicht alles, was unter dem Schlagwort Demokratisierung den Markt betritt, ist deswegen sinnvoll oder gut gemacht. Womit wir bei Trade Republic wären. Der vor allem für ETF-Sparpläne und niedrige Gebühren bekannte Neobroker, mit dem mehr als zehn Millionen Anleger investieren, bietet Kleinanlegern nun Investments in Private Markets an – und das ab einem Euro.
Private Markets bilden den nicht an der Börse gehandelten Teil der Finanzwelt ab. Also Private Equity statt Aktien und Private Credit statt Anleihen. Für Kleinanleger begannen Angebote in entsprechende Fonds bislang üblicherweise ab 10.000 Euro. Im semi-institutionellen Bereich sind es 200.000 Euro. Deswegen sagt Christian Hecker, Chef von Trade Republic, anlässlich des neuen Angebots:
Jeder in Europa soll die Möglichkeit haben, so zu investieren, wie es die sehr Vermögenden tun – einfach, sicher und zu geringstmöglichen Kosten.
Eine Infografik mit dem Titel: Privatmarktanlagen gewinnen an Bedeutung
Vermögensaufstellung eines durchschnittlichen Family Offices im Jahr 2025, Werte in Prozent
Richtig ist: Private Equity und Co. diversifizieren ein Portfolio, können damit also das Gesamtrisiko reduzieren. Mit Private Equity erzielten Anleger rückblickend betrachtet zwölf Prozent Rendite pro Jahr. Das weiß auch Trade Republic-Chef Hecker und platziert die Renditebotschaft prominent im neuen Angebot.
Doch bekanntlich ist nicht alles Gold, was glänzt. Speziell beim Angebot von Trade Republic sind diese vier Punkte kritisch:
Die Zuspitzung: Wer ein Angebot stark über die Rendite bewirbt, appelliert an die menschliche Gier. Es kondensiert eine komplexe Anlageklasse auf ein Gewinnversprechen und nimmt dem Produkt damit in der Kommunikation die Ernsthaftigkeit, die es erfordert.
Die Handelbarkeit: Um den Anreiz zum Investieren zu erhöhen, wirbt Trade Republic damit, dass der Verkauf der Fonds monatlich möglich ist. Normalerweise ist das bei Private-Markets-Produkten einmal im Quartal üblich. Damit rückt das neue Angebot näher an Produkte wie Aktien und ETFs heran, die den Kunden von Trade Republic bereits bekannt sind. Eine monatliche Handelbarkeit steht dem Grundgedanken von Private Markets entgegen. Wer wirklich investieren möchte, wie die Vermögenden, hält seine Private-Equity-Beteiligungen zwanzig Jahre und länger. Es ist diese Langfristigkeit, die den Erfolg der Private Markets begründet.
Die Liquidität: Mit dem monatlichen Handel wird eine Liquidität suggeriert, die es bei Private Markets gewöhnlich nicht gibt. Die Wertstellung ist bei Private Markets ohnehin immer schwierig. Kommen die Kunden in einer krisenhaften Situation in die Lage, dass sie zu großen Zahlen ihre Fondsanteile verkaufen wollen, droht das böse Erwachen.
Die Kosten: Das neue Angebot kommt nicht ohne den Klassiker von Trade Republic aus: „Keine zusätzlichen Gebühren von Trade Republic“ lesen Interessenten auf der Website. Das lässt außen vor, dass Private Markets-Fonds natürlich Gebühren erheben, die intern verrechnet werden. Zwei Private-Markets-Fonds führt Trade Republic. Bei dem einen liegen die Verwaltungsgebühren bei 2,35 Prozent. Der andere verlangt 2,80 Prozent zuzüglich einer Performancegebühr von 1,71 Prozent. Hinzukommen Transaktionsgebühren innerhalb der Fonds, deren Höhe nicht näher bekannt ist. Eine ex ante Kostenbetrachtung ist vor diesem Hintergrund schwierig.
Von der Bundesfinanzaufsicht heißt es:
Alle Informationen, die Wertpapierdienstleistungsunternehmen ihren Kundinnen und Kunden zur Verfügung stellen, müssen redlich und eindeutig sein. Sie dürfen nicht in die Irre führen.
Ob Trade Republic dieser Erfordernis mit dem Angebot nachkommt, kann diskutiert werden.
Fazit: Renditeträchtiges Private Equity ab einem Euro zu Minigebühren ist eine Botschaft, die sich gut vermarkten lässt. Der Seriosität der Anlageklasse wird das nicht gerecht.
So gesehen ist es schwierig, wenn Kleinanleger Geld in komplexe Anlageprodukte investieren, von denen die meisten von ihnen wenig verstehen dürften. Für den niedrigschwelligen Einsteigerbereich bleiben ETFs gute Anlageprodukte. Über einen ETF auf Private Equity Gesellschaften können sich Anleger auch in diesem Vermögensbereich an der Branche beteiligen.
Die Kunden von Trade Republic scheinen von dem neuen Angebot wenig angetan zu sein. In den Sozialen Medien finden sich zur Private-Markets-Offerte Kommentare wie: „Noch vor Support. Die haben Prioritäten.“ Aus ihrer Sicht bleibt der Kundenservice die Schwachstelle des Neobrokers.
Bei Hinweisen melden Sie sich gerne bei p.heinrich@mediapioneer.com