Ich möchte in Zukunft den Kopf wieder frei haben für die Dinge, mit denen ich dem BSW wirklich helfen kann, wo meine Stärken liegen. Wir sind immer noch eine sehr, sehr junge Partei und nach dem Start und nach den großen Wahlerfolgen im ersten Jahr. Diese Wahlerfoge verdanken wir auch einem programmatischen und politischen Profil, das in unserem Gründungsmanifest verankert ist und dass viele Menschen natürlich auch mit meinem Namen verbunden haben.
Das erklärte Sahra Wagenknecht gestern in Berlin, wo sie bekannt gegeben hat, dass sie nicht mehr Vorsitzende der Partei sein will, die nach ihr benannt ist.
Ihre Stärken sieht Wagenknecht nicht im Management und Organisatorischem, sondern im Programmatischen. Sie will künftig eine innerparteiliche Grundwertekommission aufbauen und leiten.
Ein vollständiger Rückzug ist das nicht. Und das Konstrukt ist ein fragliches. Wer wird die Partei in Zukunft führen? Die Vorsitzenden, oder Wagenknecht als Chefin fürs Programmatische?
Während das BSW um seine Bedeutung kämpft, ist die Linkspartei im Aufwind. Eben jene Partei, die Wagenknecht und ihre Vertrauten verlassen hatten, um ihr Bündnis zu gründen. Es ist nicht ohne Ironie, dass ihr Abgang den Erfolg der Linken erst möglich gemacht hat. Als wenige Wochen vor der Bundestagswahl die CDU für eine Migrationswende bereit war, im Bundestag die Stimmen der AfD in Kauf zu nehmen, konnte sich die Linke als antifaschistes Bollwerk mit Heidi Reichineck als Frontfrau inszenieren, was sich dann mit einem Wahlergebnis von fast neun Prozent auszahlte.
Linken-Vorsitzende Heidi Reichinnek im Bundestag, 14.05.2025 © dpaWären Wagenknecht und ihre Leute noch Teil der Fraktion gewesen, wäre das unmöglich gewesen. Statt Heidi-Mania hätte es einen veritablen Richtungsstreit gegeben, denn die Wagenknechte sind in der Migrationspolitik nah bei der Union.
Anders als die Linke ist das BSW nun nicht mehr im Bundestag vertreten, aber, so Wagenknecht:
Viele Parteien, viele Parteineugründungen zerlegen sich in dieser Zeit. Wir haben sie gemeistert.
Das ist eine Klitterung der noch jungen und jüngsten BSW-Geschichte. Es war Wagenknecht selbst, die in Thüringen gegen eine Regierungsbeteiligung opponierte und es auf einen offenen Machtkampf mit der dortigen Spitzenkandidatin Katja Wolf ankommen ließ. Und derzeit droht der BSW-Landesverband in Sachsen-Anhalt wegen interner Streitigkeiten auseinanderzubrechen, wo 2026 eine Landtagswahl stattfindet. Momentan liegt dort das BSW, das im vergangenen Jahr bei Wahlen in Ostdeutschland noch zweistellig wurde, knapp über der Fünf-Prozent-Hürde.
Wagenknechts Plan, ihre Partei wie eine Kommandozentrale zu führen, ist also nicht aufgegangen. Sollte sie das mit „Parteimanagement und Organisation“ meinen, dann hat es sich tatsächlich nicht als ihre Stärke erwiesen.
Aber Sahra Wagenknecht ist eine Wiederkehrerin, sie folgt dem Trude-Heer-Prinzip: Niemals geht man so ganz. Das BSW hat eine Überprüfung des Bundestagswahlergebnisses beantragt, denn ihm fehlten am Ende nur rund 9.000 Stimmen für einen Einzug ins Parlament. Eine Entscheidung des Wahlprüfausschusses des Bundestags soll es spätestens im Dezember geben. Sollte die negativ ausfallen, will das BSW vors Bundesverfassungsgericht ziehen.
Wagenknecht kündigte an:
Wenn wir, was ich erwarte, bei einer korrekten Neuauszählung in den Bundestag einziehen, freue ich mich schon jetzt darauf, als Fraktionschefin für unsere Politik weiter arbeiten zu können, mich engagieren zu können.
In ihrer Entscheidung, den Parteivorsitz abzugeben, ist also beides angelegt: ein endgültiger Rückzug, wenn der Erfolg der Partei ausbleibt, oder eben eine Rückkehr auf die bundespolitische Bühne. Es wird sich zeigen, ob BSW für Wagenknecht bedeutet: BIN SCHON MAL WEG oder, ob BSW heißt: BIN SCHON WIEDER DA.