Ursprünglich hätten sämtliche europäischen Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitern ab 2027 einmal im Jahr einen Bericht über ihre Lieferketten geben sollen. Das stieß in Wirtschaft wie Politik auf wenig Begeisterung. Daher will die EU das Lieferkettengesetz zum Schutz von Menschenrechten abschwächen, noch bevor es angewendet wird.
In Brüssel einigten sich Unterhändler von EU-Staaten und Europaparlament darauf, dass Vorgaben für weniger Unternehmen gelten sollen. Mitgliedsstaaten und EU-Parlament müssen noch zustimmen, was aber als Formsache gilt.
Was sich nun ändern soll:
Was gilt für Unternehmen ab 5.000 Mitarbeitenden?
Mit dem neuen Gesetz sollten künftig nur noch Unternehmen über 5.000 Mitarbeiter mit einem Jahresumsatz von mindestens 1,5 Milliarden Euro dazu verpflichtet werden, ihre Lieferketten auf Menschenrechts- und Umweltverstöße zu überprüfen. Für sie ändert sich mit der neuen Einigung also nichts. Ab Juli 2028 – ein Jahr später als geplant – müssen sie Sorgfaltspflichten einhalten.
Bedeutet: Sie sind dazu verpflichtet, Risiken für Menschenrechte und Umwelt systematisch zu identifizieren, zu bewerten und dagegen vorzugehen.
Die Zahl der betroffenen Unternehmen würde durch dieses Hochstufen deutlich sinken – in Deutschland von etwa 2.700 auf nur noch 120 Firmen.
Was passiert, wenn dagegen verstoßen wird?
Hier wurde mit dem neuen Kompromiss nachjustiert. Vorgesehen ist nun ein Bußgeldrahmen von maximal drei Prozent des Nettoumsatzes eines Unternehmens.
Ein Beispiel: Für Volkswagen, mit einem Nettoumsatz von 324,7 Milliarden Euro im Jahr 2024, würde das eine Höchststrafe von 9,74 Milliarden Euro bedeuten. Hierzu müssten allerdings grobe Verstöße vorliegen.
Was gilt für Unternehmen ab 1.000 Mitarbeitenden?
Anders als ursprünglich geplant sind Unternehmen mit weniger als 5.000, aber mehr als 1.000 Beschäftigten vom Lieferkettengesetz ausgenommen. Allerdings sind sie weiterhin zur Nachhaltigkeitsberichterstattung verpflichtet. Jährlich müssen sie also einen Bericht zu ihren Auswirkungen auf die Umwelt abgeben.
Aber: Die EU will die Berichte weniger kompliziert machen. Es sollen mehr Zahlen statt langer Texte berichtet werden. Berichte für einzelne Branchen (wie Energie, Transport oder Chemie) sind nicht mehr verpflichtend und bleiben für Unternehmen freiwillig.
Was gilt für noch kleinere Unternehmen?
Sie sind insgesamt vom Lieferkettengesetz ausgenommen. Sollte ein größeres Unternehmen im Rahmen der Prüfung der eigenen Lieferkette nach Informationen bezüglich Nachhaltigkeit oder Menschenrechte fragen, können sie verweigern. So sollen sie davor geschützt werden, dass große Unternehmen ihre Berichtspflichten auf kleinere Firmen abwälzen.
Was passiert bei Menschenrechtsverstößen?
Ursprünglich wollte die EU einheitliche Mindeststandards schaffen, unter denen Unternehmen vor europäischen Gerichten haftbar gemacht werden können, wenn sie ihre Sorgfaltspflichten verletzen. Die Mitgliedstaaten wären dann verpflichtet gewesen, sicherzustellen, dass Betroffene von Menschenrechtsverletzungen europäische Unternehmen verklagen und Schadensersatz vor EU-Gerichten durchsetzen können.
Im Kompromiss zum Lieferkettengesetz fällt ein zentrales Element weg: Die harmonierten EU-Haftungsregeln werden gestrichen. Damit entfällt die Pflicht der Mitgliedstaaten, ein wirksames Klagerecht für Opfer sicherzustellen. Für Betroffene wird es damit deutlich schwieriger, europäische Unternehmen bei Verstößen zur Verantwortung zu ziehen.