Wirtschaft

Chinas Handelsüberschuss und was er für Wadephul bedeutet

China setzt trotz Immobilienkrise und US-Zöllen eine historische Handelsmarke: mehr als eine Billion Dollar Überschuss in elf Monaten. Emmanuel Macrons will Chinas Exportüberschuss eindämmen – auch durch Zölle. Für Johann Wadephul ein heikler Vorschlag.
Daniel Thomas Bayer, Lea-Katharina Krause
Gestern

China wächst weiter: Während viele Analysten seit Jahren vom Ende des China-Booms sprechen, meldet Peking neue Rekorde im Außenhandel.

  • Der Handelsüberschuss lag allein in den ersten elf Monaten bei 1,01 Billionen US-Dollar – ein Höchstwert.

  • Im November stiegen die Exporte um 5,9 Prozent, die Importe nur um 1,9 Prozent, das Monatssaldo erreichte 112 Milliarden Dollar.

Auffällig ist auch: die geografische Verschiebung. Die Ausfuhren in die USA brachen zuletzt um rund 29 Prozent ein, gleichzeitig legten die Exporte nach Südostasien zu und stiegen in Richtung EU sogar um 14,8 Prozent.

© The Pioneer

In Europa ist man wenig erfreut: Die EU häufte im vergangenen Jahr ein Handelsdefizit von über 300 Milliarden Euro mit China an. Im bereits lang anhaltenden europäisch-chinesischen Streit um die Handelspolitik will Frankreichs Präsident Emmanuel Macron daher Maßnahmen im Trump'schen Stil einleiten. Der französischen Wirtschaftszeitung Les Echos sagte er nach seiner China-Reise:

Ich habe ihnen gesagt, dass wenn sie nicht reagieren, wir Europäer in den kommenden Monaten dazu gezwungen wären, starke Maßnahmen zu treffen und die Zusammenarbeit herunterzufahren – ähnlich wie die USA es getan haben – etwa durch Zölle auf chinesische Produkte.

Ein weiterer Stein in Wadephuls diplomatischen Weg: Die aktuelle China-Reise von Außenminister Johann Wadephul dürfte durch diese Aussage nicht unbedingt leichter werden. Er will die chinesische Regierung zu mehr Exportlizenzen für Seltene Erden bewegen. Seit April unterliegen einige solcher Rohstoffe einem langwierigen Antragsverfahren, das China als Reaktion auf die US-Zölle eingeleitet hatte. Da sie in Handys, Elektromotoren und Raketen stecken, sitzt China hier am längeren Hebel.

Eine Infografik mit dem Titel: China dominiert die Wertschöpfungskette

Anteil am weltweiten Gesamtvolumen der Seltenen Erden

Und China setzt auf die Zukunft: Während es der europäischen Industrie durch die Exportlizenzen schwer gemacht wird, verschiebt China sein Exportprofil weiter in wachstumsstarke Technologien. Elektromobilität, Batterien und Robotik gehören mittlerweile zu den dynamischsten Segmenten. Morgan Stanley erwartet, dass Chinas Anteil am Weltexport bis 2030 auf 16,5 Prozent steigt (derzeit rund 15 Prozent). Ökonomen verweisen zudem auf die Renminbi-Abwertung, die die Wettbewerbsfähigkeit gegenüber Europa erhöht und das bilaterale Handelsplus weiter vergrößert – trotz europäischer Zolldebatten und der US-Tarifpolitik.

So ringt Wadephul um Chinas Gunst: Entgegen Macrons Ankündigung lehnt er Zölle auf chinesische Güter ab. Solche Maßnahmen sollten nur als Ultima Ratio betrachtet werden. „Denn wenn man sich in so einen Kreislauf hinein begibt, dann gibt es meistens einen Ping-Pong-Effekt oder eine Spirale mit weiteren Gegenreaktionen, und das schadet nur dem freien Handel“, sagte der Minister.

Mit Erfolg? Tatsächlich kommen aus Peking vorsichtig optimistische Klänge. Die chinesische Regierung hat beim ersten Besuch des deutschen Außenministers allgemeine Exportlizenzen für von deutschen Firmen zumindest in Aussicht gestellt. Nach Treffen mit mehreren Ministern in Peking sagte Wadephul:

China hat angeboten, dass es Generallizenzen geben kann für europäische, für deutsche Unternehmen und hat uns ermutigt, unsere Unternehmen dazu anzuhalten, Anträge dafür zu stellen.

Lars Klingbeil: „Mit der EU kann China nichts anfangen“

Nach drei Tagen in China zieht der Finanzminister Bilanz – und sieht Chancen wie Herausforderungen.

Artikel lesen

Veröffentlicht von Christian Schlesiger.

Artikel

Empfehlen Sie uns weiter

Sie können diesen Beitrag mit einem Klick auf die entsprechende Schaltfläche teilen.