Klimaschutz

Das bedeutet das EU-Klimaziel 2040 für Deutschland

Bis 2040 soll Europa netto 90 Prozent Treibhausgase einsparen. Für Deutschland soll sich nach Willen der Bundesregierung allerdings nichts ändern.
Jonathan Packroff
Gestern
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Darum geht’s: Am Mittwoch stellten EU-Kommissionsvizepräsidentin Teresa Ribera und Klimakommissar Wopke Hoekstra ihren Vorschlag für das Klimaziel 2040 vor. Treibhausgase sollen im Vergleich zu 1990 netto um 90 Prozent sinken.

Es handelt sich um ein Zwischenziel, um europaweit Klimaneutralität bis 2050 zu erreichen. Deutschland will bereits 2045 klimaneutral werden, was zuletzt von Wirtschaftsministerin Katherina Reiche infrage gestellt wurde.

Um eine Mehrheit für das 90-Prozent-Ziel zu organisieren, will die EU den Mitgliedsstaaten mehr Flexibilität bei der Umsetzung einräumen. Dazu gehören:

  1. Die Anrechnung internationaler Klimaschutzprojekte. Heißt: Ein Teil der Reduktion soll auf dem Einkauf von Klima-Zertifikaten aus Drittländern beruhen. Dies kann bis zu drei Prozent des CO₂-Ausstoßes von 1990 entsprechen.

  2. Mehr Flexibilität zwischen den Sektoren. Von starren Zielvorgaben für einzelne Bereiche, etwa den Energie- oder Verkehrssektor, will die EU künftig absehen.

  3. Die Einbeziehung negativer Emissionen, also der Entnahme von CO₂ aus der Atmosphäre. Heißt: Fabriken wie etwa Zement- und Kalkwerke können künftig weiterhin CO₂ ausstoßen, wenn an anderer Stelle CO₂ der Atmosphäre entzogen wird.

Bundesumweltminister Carsten Schneider nannte das EU-Ziel ein „starkes Signal an die Welt und zugleich an Deutschland“.

Für die Weltgemeinschaft ist es ein weiterer Beleg, dass Europa Zugpferd beim internationalen Klimaschutz bleibt.

Umweltminister Carsten Schneider © dpa

Laut Koalitionsvertrag unterstützt die Bundesregierung das EU-Ziel allerdings nur, wenn „in Deutschland nicht mehr reduziert werden muss“ als bereits in den nationalen Klimazielen vorgesehen.

Bisher plant Deutschland bis 2040 eine Emissionsreduktion von 88 Prozent – allerdings ohne die Berücksichtigung negativer Emissionen. Beziehe man diesen Unterschied ein, stehe das EU-Ziel „in Einklang“ mit dem deutschen Ziel, so ein Sprecher des Umweltministeriums.

Was das EU-Ziel für Deutschland bedeutet, ist aber noch unklar: Denn eine Aufteilung auf die Mitgliedsstaaten hat die EU noch nicht festgelegt.

Windräder im Sonnenuntergang © Imago

Bisher mussten wirtschaftsstarke Länder wie Deutschland die Ziele übererfüllen. Für 2030 etwa plant Deutschland eine Emissionsreduktion von 65 Prozent, während das EU-Ziel bei 55 Prozent liegt.

Die Kommission strebe eine „Konvergenz“ der Ziele an, also eine stärkere Angleichung der unterschiedlichen nationalen Ziele, sagte ein hochrangiger EU-Beamter. Dennoch solle es auch weiterhin „Solidarität“ der wirtschaftlich starken mit den schwächeren Ländern geben.

„Wir stellen mit großer Freude fest, dass Deutschland weiterhin das Ziel verfolgt, bis 2045 Klimaneutralität zu erreichen“, so der Beamte. Dass es durch das neue EU-Ziel zu einer Zielverschärfung in Deutschland kommt, wollte er auf Nachfrage nicht ausschließen.

Generell gehe es aber weder um eine Verschärfung noch Abschwächung der Klimaziele, sondern darum, auf dem Weg zur Klimaneutralität 2050 „Kurs zu halten“, so der Beamte.

Von der deutschen Wirtshaft kommt Kritik. „90 Prozent Treibhausgasreduktion bis 2040 ist nicht realistisch“, sagte Achim Dercks, Vize-Chef der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK)

Um das Ziel zu erreichen, „müssten de facto in Deutschland schon in 15 Jahren die Bereiche Energieversorgung, Industrie, Gebäude und Verkehr klimaneutral sein.“

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Veröffentlicht von Dr. Nils HeisterhagenJonathan Packroff.

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