Interview zur Vermögensbesteuerung

Steuerdebatte: Die Reichsten zahlen kaum Erbschaftssteuer

„Wer schon hatte, hat immer mehr". Diese Aussage kommt von keinem Sozialdemokraten, sondern gerade von Unionsfraktionschef Jens Spahn. Das befeuert die Debatte um die Vermögensbesteuerung neu. Daher drei Fragen an Prof. Dominika Langenmayr von der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt
Nils Heisterhagen
14.09.2025
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1. Wie sieht die aktuelle Vermögensverteilung aus und wie beurteilen Sie diese?

Wir wissen gar nicht so viel über die Vermögensverteilung in Deutschland, die Datenlage ist schlecht. Außerdem beinhalten die üblichen Maße keine Renten- und Pensionsansprüche. Das ist international so üblich, aber in Deutschland besonders gravierend, da diese Ansprüche einen großen Teil des Vermögens vieler Haushalte ausmachen.

Dem reichsten Prozent gehören in Deutschland ungefähr 25 bis 30 Prozent des Vermögens. Das ist mehr als in anderen europäischen Ländern, aber deutlich weniger als in den USA. Im Gegensatz zu den USA ist dieser Anteil in den letzten Jahrzehnten auch nicht nennenswert angestiegen. Allerdings muss man auch sagen, dass wir im internationalen Vergleich Vermögen relativ wenig besteuern und Einkommen relativ stark.

2. Welche Reformoptionen gibt es? Bei Vermögensbesteuerung und Erbschaftsbesteuerung? Und welche Reform empfehlen Sie?

Vermögen kann man entweder jährlich besteuern – mit einer Vermögensteuer – oder einmal pro Generation, also ungefähr alle 30 Jahre, mit einer Erbschaftssteuer. Da die Bewertung von Vermögen aufwändig ist, spricht vieles für die Erbschaftssteuer. Unsere aktuelle Erbschaftssteuer funktioniert aber schlecht: Wer frühzeitig plant und teure Beratung nutzt, kann sie fast vollständig umgehen. Personen mit mittlerem Vermögen werden dagegen teils stark belastet. Am Ende zahlen vor allem die „ärmeren Reichen“. Sinnvoll wäre eine einfache Reform: Alle Ausnahmen abschaffen und alle Erbschaften oberhalb eines großzügigen Freibetrags mit einem einheitlichen Steuersatz von 10, höchstens 15 Prozent belegen.

3. Wie viel könnte eine Reform pro Jahr einbringen und hilft es, die Haushaltslücke im Bund zu schließen?

Momentan beträgt das Aufkommen aus der Erbschaftssteuer rund 13 Milliarden Euro im Jahr, das sind etwa 1,4 Prozent des gesamten Steueraufkommens. Durch Steuerbegünstigungen für Unternehmen entgingen dem Staat allein im letzten Jahr rund 17 Milliarden Euro. Wenn man diese Begünstigungen streicht und gleichzeitig einen einheitlichen Steuersatz von 10 bis 15 Prozent einführt, würde das Aufkommen pro Jahr im niedrigen einstelligen Milliardenbereich steigen. Bezieht man Unternehmen voll in die Steuer ein, muss der Steuersatz sinken, sonst würde die Substanz der Firmen angegriffen.

Das könnte also einen Beitrag leisten, reicht aber nicht, um beispielsweise die Einkommensteuer spürbar zu senken. Zudem fließt die Erbschaftssteuer den Ländern zu – der Bund hätte davon zunächst gar nichts.

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Veröffentlicht von Laura Block Jan Bonnekessen.

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