Nahost

Wie die Hamas die Gunst der Stunde nutzt

Kathrin Kessler
04.08.2025

Nach der Veröffentlichung von Geisel-Videos durch die Hamas hat Israels Premierminister Benjamin Netanjahu seinen Willen bekräftigt, weiter militärisch gegen die Terrororganisation vorzugehen. Die Hamas lasse die Geiseln verhungern, „wie die Nazis die Juden verhungern ließen“, sagte er am Sonntag in einer Videobotschaft, und ergänzte:

Wenn ich das sehe, verstehe ich genau, was die Hamas will. Sie will keinen Deal. Sie will uns durch diese Horrorvideos brechen, durch die falsche Horrorpropaganda, die sie in der ganzen Welt verbreitet.

Wegen der Lage der Geiseln kommt nach Informationen des israelischen Botschafters bei den Vereinten Nationen, Danny Danon, der UN-Sicherheitsrat am Dienstag zu einer Dringlichkeitssitzung zusammen.

Das ist passiert: Die radikal-islamische Hamas hat am Wochenende gleich zweimal gezeigt, wie sie die eingetrübte Stimmung der Staatengemeinschaft gegenüber Israel für sich zu nutzen weiß.

Erstens: Hass und Häme. Am Freitag veröffentlichte die Hamas Videos von einigen der noch lebenden Geiseln im Gazastreifen, darunter der 24-jährige Evyatar David. Abgemagert ist er in einem Tunnel zu sehen und erzählt davon, wie er oft an mehreren Tagen hintereinander nichts zu essen bekomme. Und wenn doch, dann nur Bohnen und Linsen. Während er mit einer Schaufel hantiert, erzählt er: „Hier grabe ich mein eigenes Grab.“ Das Video schließt mit einer Textbotschaft: „Nur ein Waffenstillstandsabkommen bringt sie [die Geiseln] zurück.“

Bundeskanzler Friedrich Merz kommentiert gegenüber Bild:

Ich bin entsetzt über die Bilder. Gerade deshalb führt zunächst kein Weg an einem verhandelten Waffenstillstand vorbei. Israel wird den Zynismus der Hamas nicht erwidern und muss weiter humanitäre Hilfe leisten … Die Hamas darf in der Zukunft von Gaza keine Rolle spielen.

Ein Screenshot des Propagandavideos der Hamas, in dem der 24-jährige Evyatar David in einem unterirdischen Gang im Gazastreifen zu sehen ist. © YouTube/The Guardian

Zweitens: Kühne Forderungen. Die Waffen, so erklärte es die Terrororganisation außerdem am Wochenende, werde sie erst nach der Schaffung eines eigenständigen palästinensischen Staates mit Jerusalem als Hauptstadt niederlegen.

Sie reagiert damit auf Aussagen des US-Sondergesandten Steve Witkoff, der laut Axios angekündigt hat, dass Präsident Donald Trump nicht mehr eine bloße Waffenruhe und stufenweise Freilassung der Geiseln, sondern ein vollständiges Ende des Krieges anstrebe. Die Hamas, so Witkoff, sei bereit, sich zu entmilitarisieren und man stehe „kurz vor dem Ende dieses Krieges“.

US-Sondergesandter Steve Witkoff bei einem Abendessen mit Israels Premier Benjamin Netanjahu im Weißen Haus, 07.07.2025 © Imago

Es wird deutlich: Die Hamas will keineswegs als friedfertig und gemäßigt erscheinen. Die Ankündigung Frankreichs und Großbritanniens, Palästina als Staat anzuerkennen, hat nicht wie beabsichtigt Benjamin Netanjahu milder gestimmt, sondern die Hamas selbstbewusster gemacht.

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Veröffentlicht von Luisa Nuhr.

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