Druck durch die Präsidentenwahl: Der polnische Ministerpräsident Donald Tusk kündigte an, die Vertrauensfrage im Parlament stellen zu wollen. In einer Fernsehansprache sagte er:
Der erste Test [für meine Regierung] wird eine Vertrauensabstimmung sein, die ich demnächst im Unterhaus beantragen werde.
Der Plan für das Agieren seiner Regierung unter dem neuen Präsidenten werde „Einheit und Mut“ seines Dreier-Regierungsbündnisses erfordern.
Was ist passiert? Der Kandidat der rechtsnationalistischen PiS, Karol Nawrocki, hat die Präsidentschaftswahl in Polen knapp gewonnen. Das Ergebnis: Laut Wahlkommission erhielt Nawrocki in der Stichwahl 50,89 Prozent der Stimmen. Sein Herausforderer, der proeuropäische Warschauer Bürgermeister Rafał Trzaskowski (Platforma Obywatelska) kam auf 49,11 Prozent.
Donald Tusk empfängt Friedrich Merz, 07.05.2025 © dpaWarum das wichtig ist: Die Präsidentschaftswahl in Polen entscheidet auch über die Schlagkraft des Weimarer Dreiecks. Der Präsident erfüllt in Polen keine rein repräsentative Rolle, sondern hat eine starke politische Stimme. Wichtig vor allem: Er kann bei Gesetzesvorhaben sein Veto einlegen. Um es aufzuheben, braucht es im Parlament eine Mehrheit von 60 Prozent der Abgeordneten, über die das Mitte-Links-Bündnis von Tusk nicht verfügt.
Heißt: Die liberal-europäische Regierung unter Tusk wird ihren Reformkurs mit Nawrocki wohl kaum umsetzen können. Nawrocki nach den ersten Prognosen:
Der Gewinner der Präsidentschaftswahl in Polen: Karol Nawrocki © ImagoWir werden siegen und Polen retten. Wir werden nicht zulassen, dass Donald Tusks Macht sich festigt.
Über die Lage vor Ort sagt Polens ehemaliger Botschafter in Deutschland, Janusz Reiter, im Pioneer Briefing:
Polen befindet sich in einer schwierigen Lage. Dieses Wahlergebnis ist ein schlechtes Zeichen für die Regierung, die sich erhofft hat, durch die Wahl des liberalen Kandidaten mehr Handlungsspielraum zu gewinnen.
Wie geht es jetzt weiter? Sobald Tusk die Vertrauensfrage an das Unterhaus des Parlaments stellt, benötigt er die einfache Mehrheit bei Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Abgeordneten. Tendenziell machbar, denn sein Mitte-Links-Bündnis verfügt über 248 der 460 Sitze. Erreicht er die Mehrheit jedoch nicht, muss er zurücktreten. Bis dahin will Tusk eigenen Angaben zufolge bestmöglich mit Nawrocki zusammenarbeiten:
In Übereinstimmung mit der Verfassung und unserem Gewissen werden wir mit dem neuen Präsidenten überall dort zusammenarbeiten, wo dies notwendig und möglich ist. Alle werden sehen, dass die Regierung nicht vorhat, sich auch nur einen Schritt zurückzuziehen.