Nahost-Konflikt

Merz: „Humanitäre Hilfsgüter müssen den Gazastreifen erreichen“

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 © dpa

Nach dem tödliche Anschlag auf zwei Mitarbeiter der israelischen Botschaft in Washington am Mittwochabend spitzt sich die Lage zu.

Bundeskanzler Friedrich Merz äußerte sich aus Vilnius, wo er die Brigade Litauen eröffnet hatte. „Wie wir von der UN hören, droht eine Hungersnot“, sagte er. Man dränge darauf, „dass nun endlich humanitäre Hilfsgüter den Gazastreifen erreichen“.

EU verschärft Ton: Am Mittwoch hatten 17 von 27 EU-Mitgliedstaaten gefordert, dass die EU angesichts der Kriegsführung von Israel im Gazastreifen das Handelsabkommen mit Israel überprüfen solle. Großbritannien hat Handelsgespräche ausgesetzt und Sanktionen gegen radikale Siedler verhängt. Der deutsche Außenminister Johann Wadephul hielt sich zu den konkreten Sanktionen bedeckt, unterstützt die Vorschläge jedoch inhaltlich, wie The Pioneer hört.

Der israelische Außenminister Gideon Saar nimmt die europäischen Länder nach diesen Äußerungen für den Anschlag in Washington mit in die Verantwortung:

Es gibt eine direkte Verbindung zwischen antisemitischer und anti-israelischer Aufstachelung und diesem Mord.

Die humanitäre Lage vor Ort ist dramatisch:

  • Seit März 2025 hatte Israel die Einfuhr von Hilfsgütern blockiert, was zu einer Verschärfung der Notlage führte. Obwohl nun wieder begrenzte Hilfslieferungen zugelassen werden, erreichen diese laut UN und Hilfsorganisationen kaum die Bedürftigen.

  • Nach einem Bericht unter anderem der Vereinten Nationen leiden 90 Prozent der Bewohner des Gazastreifens an Mangelernährung. Das palästinensische Gesundheitsministerium teilte mit, dass in den vergangenen Tagen 29 Kinder und alte Menschen verhungert sind.

Flüchtlingslager im Gazastreifen © Imago
  • Besonders betroffen sind Kinder: Rund 71.000 leiden laut Unicef an akuter Mangelernährung, und fast eine halbe Million Menschen sind von einer Hungersnot bedroht.

Palästinensische Kinder warten auf Essen in Gaza am 22. Mai 2025 © Imago
  • Die medizinische Versorgung ist nahezu zusammengebrochen. Viele Krankenhäuser sind außer Betrieb oder überlastet, und es mangelt an Medikamenten und medizinischem Personal.

  • Unterdessen setzte Israel seine militärische Offensive im Gazastreifen unvermindert fort: Am Donnerstag forderte die israelische Armee die Bewohner von 14 Gebieten im Norden zur Evakuierung auf und kündigte an, dort entschieden gegen „terroristische Organisationen und deren Aktivitäten“ vorzugehen.

Israels Perspektive: Am Mittwoch hatte der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu angekündigt, dass Israel den Gazastreifen vollständig unter seine Kontrolle bringen wolle, um die Sicherheit Israels zu gewährleisten. Im Süden des Küstenstreifens soll außerdem eine „sterile Zone“ ohne Einfluss der islamistischen Hamas entstehen, so Netanjahu:

In dieser Zone, die komplett frei von der Hamas sein wird, werden die Bewohner von Gaza umfassende humanitäre Hilfe erhalten.

Israels Präsident Benjamin Netanjahu © dpa

Die Dynamik verschiebt sich: Laut einer Umfrage der Bertelsmann-Stiftung ist der Anteil der Deutschen mit positiver Haltung zu Israel auf 36 Prozent gesunken – ein Rückgang um zehn Punkte seit 2021.